Jesus ist einige Male auf eine Anhöhe gestiegen, um zu den Menschen
zu sprechen. Einige Worte von ihm hat der Evangelist Matthäus zusammengestellt
zu seiner berühmten Bergpredigt.
Wir hören daraus die Verse, mit denen die Rede abgeschlossen wird.
So spricht der Herr Jesus Christus:
Wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann,
der sein Haus auf Fels baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten
und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf
Fels gegründet.
Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem
törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten
und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.
So vollendete Jesus seine Rede.
Und alle, die seine Worte hörten, waren tief beeindruckt. Denn er
lehrte sie mit Vollmacht.
"Bergpredigt"
Von Menschen in Bayern und Österreich stammt die Idee für unser
heutiges Zusammentreffen hier oben auf der Anhöhe. In den Alpen veranstalten
sie regelmäßig Bergmessen. Diesen Namen haben wir übernommen.
Eine Bergmesse dient dazu, unter freiem Himmel inmitten der großartigen
Schöpfung Gottes gemeinschaftlich den Schöpfer zu loben und
das Miteinander zu stärken.
Denn es ist ein besonderes Gemeinschaftserlebnis,
außerhalb der für die Gottesdienste vorgesehenen Räume
zusammen zu kommen. Schon der Weg hierher hat Menschen ins Ge-spräch
miteinander gebracht.
Der Weg hierher ist ein gutes Sinnbild für unsere Lebenswege. Sie
führen nicht immer gleichmäßig geradeaus. Das Leben macht
Kurven und Biegungen. Manche Wege sind steinig und schwer. Manchmal stehen
wir vor einem Berg und fürchten uns. Was vor einem liegt, scheint
sehr schwer zu sein.
Der Weg durchs Leben wird auch durch das Kunstwerk symbolisiert, das
nun hier auf diesem Hügel aufragt. Es ist zu einem gro-ßen
Anziehungspunkt geworden. Die Konstruktion erinnert an eine Achterbahn.
"Tiger&Turtle", diesen Namen haben die Künstler ihrem
Werk gegeben. Es gibt Abschnitte in dieser Achterbahn, da läuft es
sich leicht und locker, da kommt man schnell voran. Nicht ganz so schnell
wie ein Tiger, aber schon recht zügig. An anderen Stellen geht es
steil bergauf, da wird der Schritt langsamer, nicht ganz so langsam wie
der Gang einer Schildkröte, aber man muss sich schon ein bisschen
anstrengen, um hinaufzukommen.
So sind die Wege unseres Lebens. Es gibt Strecken, da geht alles gut und
glatt, man spürt die Leichtigkeit des Dasein, das Leben macht Spaß.
Doch hin und wieder kommt man auch auf Wege, da geht es nur mühsam
voran, es kostet Mühe und Anstrengung, den Weg weiterzugehen.
Hier oben wird man belohnt für die Mühe des Aufstiegs. Aus 85
Meter Höhe - so hoch kann man auf diesem Kunstwerk steigen - eröffnet
sich ein wunderbarer Blick ins Weite. Im Leben ist es nicht immer so.
Aber wenn ein anstrengender, mit Schmerzen, Angst und Trauer verbundener
Weg geschafft ist, dann stellt sich zumindest eine gewisse Erleichterung
ein.
Beeindruckend ist nicht nur die Sicht, die man von hier oben hat. Beeindruckend
ist dieses Kunstwerk selbst. "Landmarken gibt es mittlerweile einige
im Ruhrgebiet. Doch kaum eine ist schon aus der Ferne betrachtet so eindrucksvoll
wie die Landmarke im Duisburger Angerpark." So heißt es auf
der Internetseite der Stadt Duisburg. Aus verzinktem Stahl ist die Konstruktion
errichtet. Dieses Material stellt einen Bezug zum Standort her. Einst
wurde auf der gegenüberliegenden Straßenseite Zink hergestellt.
Die Hüttenwerke Krupp Mannesmann sind als wichtiger Stahlproduzent
nach wie vor aktiv.
Die einzelnen Rohre miteinander zu verbinden, war eine technische Herausforderung.
Nicht weniger einfach war es, ein sicheres Fundament für das Kunstwerk
anzulegen. Denn unter uns befindet sich eine Giftmüllhalde. Sie ist
mit dicken Plastikplanen gut abgedichtet und einer Erdschicht bedeckt.
Die Abdichtung durfte nicht beschädigt werden.
Ein Fundament brauchen wir auch für unsere Lebenswege, sicheren
Boden, auf dem wir gehen können. Wie wichtig ein Funda-ment ist,
wissen alle, die schon einmal ein Haus gebaut haben. Vorhin in der Lesung
war die Rede davon. Klug wird der Mensch genannt, der sein Haus auf festen
Stein baut. Dumm dagegen ist derjenige, der seinen Bau in den Sand setzt.
Mit diesem Gleichnis schließt Jesus seine Bergpredigt. Es ist klar,
was er mit dem Fundament meint: Seine Worte, mit denen er weitergibt,
was Gottes Wille und Weisung ist.
Das Wort Gottes, wie es die Bibel verkündet und wie Jesus es erneut
zu den Menschen gebracht, soll das Fundament unseres Le-bens sein.
Die Menschen, die Jesu Bergpredigt gehört hatten, "entsetzten
sich". So heißt es in der Übersetzung Martin Luthers.
Tief beein-druckt, so umschreibt die evangelisch-katholische Einheitsübersetzung
die Regung der Leute. Es ging ihnen zu Herzen, was Jesus gesagt hatte.
Betroffen waren Jesu Zuhörer, weil sie in den Worten Jesu die Stimme
Gottes hörten.
Dass der große allmächtige Gott sich auf den Weg zu uns Menschen
macht, um uns ins Gewissen zu reden, diese Tatsache an sich ist schon
sehr bewegend. Berührend ist weiter, was Jesus uns Menschen zu sagen
hat: Ihr seid Gottes geliebte Kinder. Wirklich entsetzt waren die Leute
vielleicht deshalb, weil sie spürten: Diese Botschaft verändert
unser Leben. Als Gottes geliebte Kinder müssen wir so leben, wie
es einem Kind Gottes entspricht. Kleinliche Streitereien, Neid, Gier,
Hass und Gewalt, all das darf unter uns keinen Platz haben.
Jesu Worte sind nicht nur das Fundament für unser persönliches
Leben. Sie sind auch das Fundament für das Zusammenleben in einer
Gemeinschaft. Nur wenn es gerecht in einer Gemeinschaft zugeht, wenn dem,
der Hilfe braucht, Hilfe zuteil wird, wenn alle ihren Beitrag leisten
für das gemeinsame Wohlergehen, wenn alle bereit sind, einander zu
akzeptieren und zu respektieren, nur dann hat eine Gemeinschaft Bestand.
Wo Einzelne auf Kosten der Allgemeinheit leben, da ist eine Gemeinschaft
in Gefahr. Diese Gefahr spüren wir zur Zeit sehr stark in unserem
Kontinent und weltweit.
Der freie Markt, auf dem Einzelne ungehindert schalten und walten können,
wie sie wollen, ist ein Haus, das auf Sand gebaut ist.
Ehe es jetzt zu politisch wird, zurück zu uns hier auf der Anhöhe.
Dieses Kunstwerk zeigt, was möglich ist, wenn das Fundament stimmt.
Natürlich müssen auch die Statik und das Material stimmen. Aber
Voraussetzung dafür, dass überhaupt irgendetwas ent-stehen kann,
ist der feste Grund, auf dem das Werk errichtet wird.
Wenn das Fundament stimmt, kann auch ein Mensch eine Menge aus seinem
Leben machen. Wenn der Mensch weiß und spürt, was seinem Leben
Halt gibt, dann kann
er seine Fähigkeiten entwickeln und zum Vorschein bringen. Dann kann
er auch Schweres tragen und bewältigen. Der feste Bo-den unter den
Füßen sorgt dafür, dass er nicht untergeht.
Noch etwas lehrt uns dieses Kunstwerk: Es geht steil in die Höhe.
Dafür sind Stützen nötig, die den Rohren Halt geben. Solche
Stützen brauchen auch wir manchmal im Leben. Andere Menschen, die
uns beistehen und tragen helfen, wenn eine schwere Last auf uns liegt.
Personen, die uns wieder verbinden mit dem Grund unseres Lebens. So wie
diese Stützen die in die Höhe strebenden Rohre mit dem Fundament
verbinden. Solche Stützen können wir füreinander sein.
Auch darum feiern wir diesen ökumenischen Gottesdienst als Bürgerschaft
hier an diesem Ort, um uns daran erinnern zu lassen: dass wir uns gegenseitig
unterstützen und gemeinsam für das Wohlergehen aller in diesem
Stadtteil lebenden Menschen mit sor-gen.
Dazu ermutigt uns Jesus mit seinem Wort.
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