Predigt zu 17.11.2013 - Bittgottesdienst - |
für den Frieden |
Johannes 14,27-31 |
"Den Frieden lasse ich euch. Shalom, das Wort schon einen ganz anderen Klang als das, was in unserer
Zeit Frieden genannt wird. Freunde begrüßen sich mit Shalom.
Shalom bedeutet: Erlösung, Mitleid, Gesundheit, umfassendes Heilsein.
Wo Ungerechtigkeit vorherrscht, ist kein Shalom. Es gibt keinen Frieden
ohne Gerechtigkeit (Ps 85,11). In unseren westlichen Sprachen hat das Wort Frieden einen anderen Klang. Hier meint Frieden eine Zeit ohne Krieg. Wir leben seit 68 Jahren ohne Krieg in Mitteleuropa. Gott sei Dank. Aber wir haben keinen Frieden. Schon die Römer haben damit begonnen, das Wort Frieden in ihrem Sinn umzudeuten. Zu Lebzeiten Jesu gehörte das Wort Frieden zur kaiserlichen Propaganda. Die Pax Augusta, der römische Frieden, war die Grundlage der kaiserlichen Herrschaft. Die Pax Romana war ein Geschenk, das Rom anderen Völkern aufzwang. Dieser Frieden wurde als Pax Deorum bezeichnet, der Friede der Götter, die römische Legionen mit dem Siegesruhm segneten. Dieses römische Friedensideal, übernahmen nachfolgende Weltreiche
bis heute. Nicht Gerechtigkeit, sondern Krieg garantiert diesen Frieden.
Das macht der Ausspruch deutlich, nach dem die römische Politik handelte:
"Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor." Frieden ist nicht gleich Frieden: Der Frieden, den Jesus seinen Jüngern zuspricht, ist ein anderer als der, den die Mächtigen dieser Welt als Frieden ausgeben. Dieser Frieden, der in Wirklichkeit keiner ist, beruht auf Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung. Jesu Frieden dagegen beruht auf Toleranz, Nächstenliebe und Gottvertrauen. "Steht auf und lasst uns von hier weggehen", sagt Jesus am Ende des Abschnitts. Es ist ein Aufruf zum Handeln. Frieden ist nicht nur eine Gabe, die Jesus schenkt, sondern auch eine Aufgabe, die erfüllt werden muss. Dabei braucht er uns als seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Denn wir sind auch heute noch weit entfernt von dem, was die Bibel Frieden
nennt. Kirchen aus aller Welt haben sich zusammengetan, um den Völkern
der Erde ein Beispiel zu geben, wie Frieden werden kann. Unter dem Eindruck
des Zweiten Weltkrieges gründeten sie am 23. August 1948 den Ökumenischen
Rat der Kirchen. Daran beteiligt waren Vertreter aus 147 Kirchen ehemals
verfeindeter Staaten, die kurz zuvor noch gegeneinander Krieg geführt
hatten. Auch wir Deutschen waren dabei. Unsere Kirchenführer hatten
vor dem Treffen mit einem Schuldbekenntnis ihre Versäumnisse in der
Zeit des Nationalsozialismus eingestanden. Dieses Schuldbekenntnis öffnete
uns Deutschen die Tür in die weltweite Gemeinschaft. In Amsterdam
richteten die Kirchenleute eine Erklärung an die Völker der
Welt, die den berühmten Satz enthält: "Krieg soll nach
Gottes willen nicht sein." Vom 30. Oktober bis zum 8. November hat in Busan in Südkorea die 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen stattgefunden. Sie stand unter dem Leitwort: "Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Frieden und Gerechtigkeit". Wie ein roter Faden zieht sich der Einsatz für den weltweiten Frieden durch die Geschichte des Ökumenischen Rates. Immer wieder ging vom Weltkirchenrat ein Ruf zum Frieden an die gesamte Menschheit aus. Ganz im Sinne des Friedens, den Jesus uns geschenkt hat, nennt der Weltkirchenrat beim Namen, was verkehrt läuft. Etwas läuft falsch in der Welt In einem Aufruf des Weltkirchenrates von 2011 heißt es: Für uns Deutsche ist es besonders beschämend, dass unser Land
der drittgrößte Waffenexporteur der Welt ist. Unsere Waffen
gehen auch an Diktatoren, die damit ihre Völker unterdrücken.
Nach Katar sollen unter anderem 62 Leopard-Kampfpanzer und 24 Panzerhaubitzen
im Wert von 680 Millionen Euro geliefert werden. Ausgerechnet Katar.
In diesem Land bauen Menschen, die wie Sklaven gehalten werden, in mörderischer
Hitze Anlagen für eine Fußballweltmeisterschaft, die dort
in neun Jahren stattfinden soll. Das ist die Entscheidung der FIFA, der
korrupten und geldgierigen Weltfußballorganisation. Was die Kirche für den Frieden tun kann Als Kirche können wir mit der Kraft unserer Worte etwas ausrichten gegen das weltweite Unrecht. Der Ökumenische Rat ruft dazu auf: "Wir sind als Ebenbild des Lebensspenders geschaffen; es ist uns verboten, Leben zu nehmen, und geboten, selbst unsere Feinde zu lieben. Der gerechte Gott urteilt in Gerechtigkeit über alle Völker und ruft sie auf, der Wahrheit im öffentlichen Raum gerecht zu werden, Waffen in landwirtschaftliche Geräte umzuschmieden und nicht mehr zu lernen, Krieg zu führen." "Meinen Frieden gebe ich euch". Vor achtzig Jahren hatte Dietrich Bonhoeffer eine Vision. Er sagte in einer Andacht im Rahmen einer ökumenischen Jugendversammlung: Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede
muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und lässt sich
nie und nimmer sichern. Bonhoeffers Vision hat die Kirchen in der Welt dazu ermutigt, den konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung ins Leben zu rufen. Der Weltkirchenrat hat immer wieder im Sinne Bonhoeffers seine Stimme erhoben. Obwohl es die Stimme von einigen hundert Millionen Menschen ist, wird sie nicht so gehört, wie Bonhoeffer es sich erhofft hat. Auf der Erde ist kein Frieden, weil die Gier nach Macht und Geld stärker ist als das Bestreben, gerechte Verhältnisse zu schaffen. In dem ökumenischen Aufruf zum Frieden heißt es am Ende: "Den Frieden lasse ich euch. |