Predigt am 1. Advent 2017 |
Gottesdienst zur Verabschiedung |
Predigt über Hebräer 13,8 |
"Jesus Christus gestern, heute Was bleibt? Ist eine Frage, wenn man Abschied nimmt. Ich müsste
wohl besser fragen: Wer bleibt? In meinen Predigten bin ich der Frage nachge-gangen, wie wir das Dasein Jesu unter uns erfahrbar wird. Die Welt sieht im Großen und Ganzen ziem-lich gottlos aus. Wo und wie spüren wir etwas von Gott? Im Laufe meines Dienstes habe ich verschiedene Antworten darauf gefunden.
Der erste und wichtigste Ort, an dem ich Gottes Gegenwart spüre,
ist für mich der Gottesdienst. Die Zeit, die jetzt beginnt, ist für mich eine besondere im Kirchenjahr. Nicht nur hier im Gottesdienst, auch in den vielen Feiern in der Woche, rücken wir als Gemeinde zusammen und vergewissern uns mit den Liedern, die wir singen: "Ja, er kommt, der Friedefürst, der Heiland aller Welt zugleich, der Heil und Leben mit sich bringt." Wo und wie spüren wir etwas von Gott? Mir war es wichtig in meinem
Dienst, mit anderen zusammen etwas zu tun, wovon ich denke, dass es in
Gottes Sinn ist. Als ich 1977 zusammen mit meinem Kollegen Peter Halbach
in Oberhausen-Holten anfing, in den Pastorenberuf hineinzuwachsen, da
begann die hohe Zeit der Friedensbewegung. Schalom im biblischen Sinn bedeutet das Heilsein aller Beziehungen. Hier
in Duisburg ging es dann für mich um das Heilen von Beziehungen innerhalb
der Gemeinde. Ich fand hier zwei Bezirke vor, die durch die Schranken
nicht nur räumlich, sondern auch in dem, wie sie Gemeinde verstanden,
deutlich voneinander getrennt waren. Das Schrumpfen der Gemeindemitgliederzahl
machte es notwendig, die Aufteilung in zwei Bezirke aufzugeben und als
Gemeinde zusammenzurücken. Das ging nicht ohne manchen Ärger
und manchen Streit ab. In starkem Maße hat daran das Wanheimer Presbyterium mitgewirkt. Mit großem Engagement sorgen die einzelnen Mitglieder dafür, dass sich die Menschen in der Gemeinde wohlfühlen und ein gutes Klima in der Gemeinde herrscht. Jeden Sonntag schließen sie die Kirche auf, kochen Kaffee und bringen selbst gebackenen Kuchen für das Zusammensein nach dem Gottesdienst. Sie haben die heutige Feier vorbereitet und sorgen dafür, dass die Gemeindearbeit wie gewohnt weitergeht. Was ich noch in diesem Stadtteil vorfand, war die Verseuchung der Umwelt.
Wanheim wurde zusammen mit Hüttenheim zu einem von drei Hotspots
in Nordrhein-Westfalen erklärt, zu einem Schwerpunkt der Umweltverschmutzung.
Unsere Nächsten haben wir hier in der Gemeinde auch in den Fremden erkannt, die in unserem Land Zuflucht suchen. Zweimal wurden wir als kleinste Gemeinde im Kirchenkreis in den letzten drei Jahren gebeten, Menschen Kirchenasyl zu gewähren, die von der Abschiebung bedroht waren. Wir haben uns beide Male, ohne lange darüber zu debattieren, darauf eingelassen. Einzelne Presbyteriumsmitglieder und andere Ge-meindeglieder haben mit großem Engagement die Flüchtlinge betreut. Wo und wie spüre ich etwas von Gott? In der gemeinschaftlichen Feier
im Namen Jesu und im gemeinschaftlichen Handeln in seinem Sinn. "Im
Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen", so nannte es
Dietrich Bonhoeffer. Der Journalist Matthias Dobrinski hat in der Süddeutschen Zeitung einen Kommentar geschrieben zum Reformationstag. Er fragt danach, wo Gottes Nähe und Gnade zu finden sind und schildert Situationen, wo davon absolut nichts zu spüren ist: Ein Mann musste zusehen, wie auf furchtbare Weise seine Frau starb. Lange
sitzt ein Therapeut bei ihm. Das denke ich auch bei manchem Leid, das ich als Pastor miterlebe. Es gibt Schicksale, da kommt ein Unglück zum anderen, wie bei Hiob. Warum?, fragt man sich. Das ist furchtbar ungerecht. Das hat doch keinen Sinn. Verdammter Mist. Ich fand und finde Halt in der Familie, in der Gemeinschaft hier in der Gemeinde, in Bibelworten und in dem Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer, besonders in diesem Abschnitt: "Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft gibt, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus." Widerstandskraft, die Kraft, Zuversicht und Hoffnung zu bewahren, den
Humor und das Lachen, auch darin, dass mir dies geschenkt wird, erfahre
ich Gott. Weil er gekommen ist und immer wieder in Gestalt seines Geistes zu uns kommen will, darum können wir uns freuen. "Freuet euch in dem Herr allewege", ruft uns der Apostel Paulus zu. Die Adventszeit ist für mich auch darum eine besondere Zeit, weil sie eine Zeit der Freude ist. Menschen lassen einander ihre Güte zuteil werden. Sie rücken zusammen, so wie wir heute und wärmen einander mit ihrer Nähe und Freundlichkeit. Viel Freude erlebe ich bei den Gemeinde-Freizeiten auf Borkum, die ich zusammen mit meiner Frau seit zwanzig Jahren durchführe. Das wird weitergehen. Was bleibt?, habe ich am Anfang gefragt und bin dann der Frage nachgegangen, wer bleibt. Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Mir bleibt es, Dank zu sagen. Vierzig Jahre durfte ich in dieser Kirche als Pastor Dienst tun. Es ist ein wunderbarer Beruf. Ich habe in dieser Zeit viel Unterstützung erfahren durch meine Familie, Freundinnen und Freunde, durch die Gemeinden, in denen ich Dienst getan habe, durch Kolleginnen und Kollegen und durch den Superintendenten. Trotz mancher Beeinträchtigungen weiß ich mich reich gesegnet. Ich hoffe, es ist mir gelungen, etwas von dem Segen, den ich erfahre, weiterzugeben. Das will ich auch weiterhin tun. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. |