Predigt am 31. Dezember 2017 |
Jahreslosung 2018 |
Offenbarung 21,6 |
"Die Hütte Gottes bei den Menschen". Für mich eines der schönsten Bilder in der Bibel. Das Haus, das ich hier in Wanheim als Gottesdienststätte vorfand, entsprach diesem Bild. Manche in der Gemeinde redeten abschätzig von einer Hundehütte. Andere bezeichneten es als ein Gesamtkunstwerk. Das alte Gemeindehaus Beim Knevelshof - eine Notkirche, für eine
Übergangszeit von fünf Jahren als Behelf gedacht - war eine
Hütte, daran besteht kein Zweifel. Noch dazu ohne Heizung. Dennoch
haben sich viele Menschen darin wohl gefühlt. Denn hier war sie zum
Greifen nah: die Hütte Gottes bei den Menschen. Der Konzeption unserer
Gemeinde, die wir vor einigen Jahren anfertigen mussten, haben wir dieses
Bild als So ist Gemeinde oder so soll sie sein: Eine Gemeinschaft, in der Gott
anwesend ist, in der Traurige getröstet und Tränen abgewischt
werden, in der Menschen sich miteinander freuen und sich aufgehoben fühlen
in einer warmen, freundlichen Atmosphäre. Wasser des Lebens - ein Bild, das einige Male in der Bibel vorkommt. Hagar, Abrahams Magd, ist von ihrem Herrn in die Wüste gejagt worden. Dort findet sie eine Wasserquelle. An dieser Quelle trifft sie ein Engel. Der sagt ihr, dass Gott ihre Not sieht und sie behüten wird. Darauf sagt Hagar: "Du bist ein Gott, der mich sieht." Der Brunnen heißt seitdem "Brunnen des Lebendigen, der mich sieht." (1. Mose 16) Wir alle haben den Wunsch, gesehen zu werden. Manche Menschen mehr, die
sind sehr geltungsdrängend. Andere weniger, die sind zurückhaltend
und stellen sich lieber in den Hintergrund. Aber den Wunsch, gesehen zu
werden, haben auch sie. Der wird uns mit der Geburt mitgegeben. Jeder
Schrei eines Kindes ist der Schrei nach Aufmerksamkeit. Der Durst nach
Anerkennung, nach Wertschätzung, der gehört zum Menschsein dazu,
den haben wir alle. Und genau wie eine gehörige Portion Flüssigkeit,
am besten Wasser, die unser Körper jeden Tag braucht, so braucht
unsere Seele jeden Tag eine Portion Wertschätzung. Davon erzählt auch diese Geschichte aus dem Johannes-Evangelium:
Jesus lässt sich mit einer Frau aus Samarien an einem Brunnen in
ein persönliches und tiefgründiges Gespräch ein. Im Verlauf
dieses Gesprächs sagt Jesus: "Wer von dem Wasser trinkt, das
ich ihm gebe, der wird nie mehr Durst haben. Denn das Wasser, das ich
ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle des Wassers werden, das ins ewige
Leben quillt." (Joh. 4, 14) Dieses Bild weckt in mir noch andere Assoziationen. Ich habe in letzter
Zeit viel über Ressourcen gelernt. Das sind die Quellen, aus denen
wir persönlich Kraft und Lebensmut schöpfen. Die wichtigste
Quelle sind vertraute, soziale Beziehungen. Das ist eine weitere wichtige Kraftquelle, die uns allen zur Verfügung steht: Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Das Wissen, ich kann mein Leben gestalten, ich kann auch etwas ändern, wenn ich merke, es geht so nicht weiter. Auch dazu machen wir uns in der Gemeinde Mut. Die Frage nach unseren Kraftquellen haben wir uns vor fünf Jahren
an unserem Presbyteriumswochenende gestellt. Eine zitierte den Vertrauenspsalm der Bibel (Psalm 23): "Der Herr ist mein Hirten, mir wird nichts mangeln." Wieder eine verwies auf die Engel, die unsichtbar um uns her sind, uns behüten bei Tag und in der Nacht. Solch ein Engel können auch wir Menschen füreinander sein. Da wo ein Mensch für einen anderen da ist, ihm zur Seite steht und auch unbekannte Wege mit ihm geht. Eine andere Quelle, das lerne ich gerade, ist das Loslassen vertrauter Aufgaben. Bis heute habe ich meinen Dienst getan. Bei aller Arbeit habe ich in den vergangenen Wochen immer schon das eine oder andere gelassen, was ich bisher als meine Aufgabe angesehen habe. Das fällt mir nicht leicht. Aber es setzt auch Energie frei. Eine Ressource, darüber haben wir an unserem letzten Wochenende
Gesprochen, ist Zeit. Solange man im Beruf eingespannt ist, fehlt es oft
daran. Zeit haben zu träumen und sich Träume zu erfüllen,
das ist ein großes Privileg. Wo wir Menschen Zeit haben füreinander, wo wir einander eine Quelle des Lebens sind, da ist Gott unter uns. Da befinden wir uns in seiner Hütte, die er hier und da schon jetzt aufbaut. Nämlich überall, wo Menschen in seinem Namen zusammen sind und in seinem Sinn leben und handeln. |