|
|
|
|
|
Pfarrer Friedrich Brand
Interview
Pfarrer Friedrich Brand
(Die Fragen stellte Rolf Schotsch, Pressesprecher des Kirchenkreises)
Als Sie 1994 Ihre Stelle in Wanheim antraten,
sagten Sie in einem Interview mit einer Tageszeitung, dass man als
Geistlicher einen erstaunlichen Vertrauensvorschuss genieße.
Ist der Vertrauensvorschuss auch heute noch zu beobachten? Oder
hat sich das Bild von Pfarrerinnen und Pfarrern geändert?
Ich finde schon. An den Geburtstagsbesuchen kann
ich das festmachen. Früher war es etwas Besonderes, wenn der
Pfarrer kam. Das ist heute nicht mehr unbedingt so. Ein Vertrauensvorschuss
wird mir als Pfarrer immer noch entgegengebracht. Das hat sich eigentlich
nicht verändert.
Welche Aufgaben als Pfarrer haben Ihnen besondere
Freude bereitet?
Dazu gehören die Sonntagsgottes-dienste,
aber auch die besonderen Gottesdienste, wie die bei Beerdigungen.
Das sind traurige Anlässe, aber hier kann man den Menschen
einen wichtigen Dienst erweisen.
Zu dem, was mir Freude macht, gehört auch das Singen mit den
Kindern und Erzieherinnen im Kindergarten.
Was hat Sie daran gereizt, als Pfarrer in der
Wanheimer Gemeinde zu arbeiten?
Ich machte 1993 Vertretungsdienst am 2. Weihnachtstag
in Wanheim, die Kirche hat mich sofort angesprochen. Es gab damals
- was es auch heute noch gibt und ich sehr schön finde - das
Zusammentreffen der Gemeinde nach dem Gottesdienst zum Kaffee. Da
sprach mich ein Presbyter an und machte mir Mut, mich auf die Stelle
zu bewerben. Ein anderer begleitete meine Frau und mich auf der
Rheinpromenade und erzählte uns ganz viel über die Gemeinde.
Die Begegnung mit den Menschen in der Gemeinde, der Zuspruch und
die Ermutigung haben uns beide, meine Frau und mich, überzeugt
Was schätzen Sie an "Ihrer" Gemeinde
ganz besonders?
Das Engagement vieler Gruppen und vieler Einzelner,
zum Beispiel beim Kirchenasyl in unserer Gemeinde. Besonders schätze
ich das Presbyterium. Man versteht sich untereinander. Die einzelnen
Mitglieder engagieren sich besonders für den Gottesdienst.
In fast jedem Gottesdienst sind wir beschlussfähig. Dieses
Engagement wirkt sich auf die Gemeinde aus, so dass viele Gemeindegruppen
komplett selbstständig arbeiten.
Werden Sie der Wanheimer Gemeinde erhalten bleiben?
Wir, meine Frau und ich, wohnen in der Gemeinde
und bleiben da auch. Ich begleite die Jugendlichen bis zu ihrer
Konfirmation im April. Wenn ich gefragt werde, werde ich auch andere
Dienste übernehmen und Ansprechpartner für die Menschen
sein.
Zusammen mit Horst Ambaum haben Sie vor gut einem
Jahr eine Selbsthilfegruppe für Männer mit Krebs ins Leben
gerufen. Was war der Anlass und werden Sie die Gruppe nach Ihrem
Ruhestand weiterführen?
Anlass zur Gründung war die eigene Erkrankung
und das Bedürfnis mit anderen ins Gespräch zu kommen.
Der Bedarf ist da, das Angebot werden Horst Ambaum und ich natürlich
weiterführen.
Sie haben sich auch für die Duisburger Bürger
und den Stadtteil eingesetzt, zum Beispiel viele Jahre als Sprecher
der Bürgerinitiative gegen Dioxinverseuchung. Welches ist die
Motivation für dieses Engagement?
Es ist der Anspruch, was ich in Predigten und
bei anderen Gelegenheiten sage, selber zu tun. Wenn man sich als
Kirche auf die Fahnen schreibt "wir sind für Frieden,
Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung", dann muss
man auch Zeichen setzen.
Das waren bei meiner früheren Arbeitsstelle in Oberhausen die
Demonstrationen für den Frieden und gegen den Krieg.
Bei dem Dioxinstörfall vor achtzehn Jahren fühlte ich
mich auch persönlich betroffen - man lebt in einem Stadtteil,
in dem so eine Sauerei passiert, die Kinder waren noch klein. Da
dachte ich, dass ich mich hier engagieren muss. Aus dieser Initiative
wurde dann die gegen die Verseuchung des Stadtteils mit hochgiftigen
Schwermetallen. Darunter hat Wanheim heute noch zu leiden.
Zu den drei genannten großen Themen ist ein viertes hinzugekommen:
Schutz der Fremden, die in unserem Land Zuflucht suchen. Die Gemeinde
Wanheim hat vor drei Jahren einer fünfköpfigen Familie
aus Inguschetien und in diesem Jahr einem jungen Mann aus Afghanistan
Kirchenasyl gewährt. Das verstehe ich als Zeichen der Mitmenschlichkeit
und als Protest gegen eine Politik, die das Asylrecht in den letzten
Jahren immer mehr ausgehöhlt hat.
Wie hat sich die evangelische Kirche im Laufe
der Jahre verändert? Was schätzen Sie an ihr, was weniger
und wie politisch darf und soll Kirche sein?
Sie ist viel, viel bürokratischer geworden.
Auch der Zusammenhalt untereinander ist weniger geworden. Im früheren
Gemeindeamt Süd traf man Kolleginnen und Kolleginnen, heute
gibt es dafür kaum mehr Zeit und Raum.
Die Kirche muss sich von ihrer Botschaft und ihrem Auftrag her einmischen
in das politische Geschehen. Der Kirchenkreis Duisburg nimmt diesen
Auftrag ernst. Auf der Synode wurden deutliche Worte gesprochen,
zum Beispiel, dass man als Christ nicht eine fremdenfeindliche Partei
wie die AfD wählen kann. Der Kirchenkreis sucht das Gespräch
mit den Muslimen, was sehr mühevoll ist, aber notwendig, um
die Entfremdung zwischen den Religionen abbauen zu helfen. Auch
der Einsatz für eine solide Finanzierung der gemeindlichen
Kindergärten ist eine Arbeit auf politischer Ebene.
Insgesamt sehen sich Kirchenkreis und Gemeinden mit in der Pflicht,
für das demokratische Gemeinwesen Position zu beziehen.
Welche Kirche wünschen Sie sich für
die Zukunft? Was wünschen Sie Ihrer Gemeinde?
Ich wünsche mir eine Kirche, die bei den Menschen
bleibt, in der die Menschen weiterhin ein Zuhause haben. Das ist
auch das Ziel der Gemeinde in Wanheim. Zentren zu bilden, in denen
die Filialen ausbluten, ist nicht unser Prinzip. Kirche muss im
Dorf bleiben und dort recht regelmäßig Gottesdienste
feiern. Das geht aber nur, wenn die Gemeindemitglieder mitmachen.
Und das wünsche ich der Gemeinde sehr.
|
|
|
|
|
|
Christian Meybohm
Am
28. Mai ist Christian Meybohm 75 Jahre jung geworden. Ein Grund
zu gratulieren. Für die Gemeinde auch ein Grund, ein wenig
traurig zu sein. Denn mit Vollendung des 75. Lebensjahres ist Schluss
im Presbyterium. Das schreibt die Kirchenordnung zwingend vor.
Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben war Christian Meybohm
viel unterwegs. 2003 ließ er sich gewinnen für die Arbeit
im Presbyterium. Drei Jahre später, im Juni 2006, musste Walter
Höschen ausscheiden, weil er die Altersgrenze erreicht hatte.
Christian Meybohm übernahm von ihm das Kirchmeisteramt. Dieses
füllte er aus mit ganzem Herzen und wurde Küster und Hausmeister,
der Mann für alle Fälle. Sonntags morgens begrüßte
er die Gottesdienstbesucher im Kircheneingang. Er stellte die Tische
für die Frauenhilfe, kümmerte sich alles, was an anfiel.
Wenn im Kindergarten eine Tür klemmte, hieß es: "Christian
fragen." Genauso, wenn im Jugendheim die Heizung nicht funktionierte
oder Wasser sich im Untergeschosse sammelte. Durch seinen Wohnort
gegenüber der Kirche hat er einen kurzen Weg. Er war einfach
da.
Oft musste man ihn gar nicht rufen. Er sah selbst, wo sein Einsatz
nötig war. Regelmäßig inspizierte er die Kirche,
um Schäden frühzeitig erkennen und beseitigen zu können.
Maßgeblich hat er den Anbau am Kindergarten mit bewerkstelligt.
Jeden Tag war er vor Ort, um mit Architekten und Handwerken auftauchende
Probleme sofort zu lösen. Im letzten Jahr seiner Dienstzeit
war es sein Bestreben, ein geordnetes Haus zu übergeben. Die
Mauer um die Kirche herum befand sich in einem schlechten Zustand.
Er ließ schadhafte Stellen reparieren und die gesamte Mauer
abdecken mit Betonplatten, die wie ein Dach geformt sind, sodass
Regenwasser nicht mehr ins Mauerwerk eindringt.
Eine weitere Baustelle: der Friedhof. Da musste die Mauer am Weg
zur Hildebrandhöhe abgestützt werden. Auf den Beschluss
des Presbyteriums hin, die Kapelle neu zu gestalten, führte
Christian Meybohm Gespräche mit Firmen, die neue Türen
und Fenster einbauen sollen. Dann wird man demnächst aus dem
Inneren der Kapelle nach draußen auf den Friedhof blicken
können.
Bei allem Einsatz gab es eins, was er nach Möglichkeit vermied:
Sitzungen in Gremien des Kirchenkreises. Es ist seine Sorge, dass
in der Kirche ein Apparat entsteht, der mit immer neuen Verordnungen
und Vorschriften Verwaltung zum Selbstzweck macht. Durch sein Ausscheiden
bleibt es ihm erspart, sich mit dem NKF, dem neuen Buchführungssystem,
befassen zu müssen. Darüber ist er sehr erleichtert.
Genießen wird er seinen Ruhestand als Kirchmeister, der Gemeinde
aber weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen, wo er gebracht
wird.
Im Gottesdienst am 15. Juni wird er feierlich aus seinem Dienst
verabschiedet.
|
|
Familie Brzylski
Am
16. April begann für Renate Brzylski der letzte Urlaub im Dienst
der Gemeinde. Auf eigenen Wunsch ist sie ab 1. Mai im Ruhestand.
Im Pfingstgottesdienst wird sie von der Gemeinde offiziell verabschiedet.
Seit gefühlter Ewigkeit hütet Familie Brzylski den Friedhof.
Der frühere Friedhofsgärtner Winter machte den Vorschlag,
Michael Brzylski mit dem Auf- und Zuschließen der Eingangstore
zu beauftragen. Der war damals noch Schüler und könnte
damit sich etwas Taschengeld verdienen. Schnell übernahmen
dessen Eltern diese Aufgabe.
Die Gemeinde stellte dann Friedhelm Brzylski an. Der half dem Friedhofsgärtner
auch beim Ausheben der Gräber und gehörte einer Neudorfer
Träger-Kolonne an. Wenn die in Wanheim zu tun hatte, trafen
sich die Herren im Hause Brzylski und ließen sich dort stärken
für ihren Einsatz auf dem Weg von der Trauerhalle zum Grab.
Seit neunzehn Jahre war Renate Brzylski Angestellte der Gemeinde.
Abends ging ihr Mann immer mit, leuchtete mit der Taschenlampe über
die Gräber, um zu sehen, dass sich niemand mehr auf der Anlage
befand. Trotzdem kam es vor, dass aus Versehen jemand eingeschlossen
wurde. Auf ein lautes "Hallo" von Friedhelm Brzylski hatte
niemand geantwortet. Das Tor wurde verschlossen. Einige Zeit später
klingelte jemand aufgeregt bei Brzylskis an: Da sei noch jemand
auf dem Friedhof.
Es war für alle Seiten sehr praktisch, dass die Friedhofswärter
direkt gegenüber dem Eingangstor wohnen. So hatten sie einen
kurzen Weg. Und wenn jemand eine Frage hatte, waren sie die Ansprechpersonen.
Freundlich und entgegenkommend halfen sie Besuchern, Bestattern
und Gärtnern. Einmal kam ein Gärtner, als Renate gerade
das Tor zuschloss. Er hatte noch ein Grab herzurichten, dafür
auch eine große Karre mitgebracht. Frau Brzylski erlaubte
ihm, seine Arbeit auszuführen. "Ich schließe aber
das große Tor ab", sagte sie. "Wenn Sie fertig sind,
können Sie durch die kleine Tür gehen und mir Beschied
sagen, dass ich Ihnen für Ihre Karre noch einmal öffne."
Der Mann bedankte sich einen Tag später mit einem großen
Blumenstrauß.
In den knapp vierzig Jahren ihres Friedhofsdienstes geschahen auch
schon mal recht eigenartige Dinge. Einmal versammelte sich eine
Familie am Grab der Oma. Sie stellte Tische und Stühle auf
und begannen ein Kaffeetrinken zum Gedenken an die Oma.
Das Presbyterium plant, an der Eingangstür ein Zeitschloss
einbauen lassen. Die Toiletten bleiben geschlossen und werden nur
bei Beerdigungen geöffnet. Wenn die neue Regelung umgesetzt
ist, wird dies per Aushang bekannt gemacht.
|
|
Karl Faeser geht in den Ruhestand
"Presbyterinnen
und Presbyter scheiden spätestens mit Vollendung des 75. Lebensjahres
aus dem Amt aus." So schreibt es die Kirchenordnung vor. Karl
Faeser feiert am 24. August seinen 75. Geburtstag. Mit der Presbyteriumssitzung
in der Woche davor endete seine Amtszeit. Die übrigen Presbyteriumsmitglieder
hätten ihn gern weiter dabei gehabt. Doch leider lässt
die Kirchenordnung keine Ausnahme zu.
Am 15. Februar 2004 wurde Karl Faeser in das Amt gewählt und
vier Jahre später im Amt bes-tätigt. Der passionierte
Sänger engagierte sich im neu gegründeten Arbeitskries
"Kirche liebt Kultur - Kultur liebt Kirche". Durch seine
Ausbildung zum Solosänger bei der niederrheinischen Musikschule
verfügt er über gute Kontakte zu anderen Musikerinnen
und Musikern. Namhafte Künstlerinnen und Künstler konnte
er verpflichten für die monatlichen Konzerte in der Kirche.
Das Musical Show Team gehört mittlerweile fest in den Veranstaltungskalender
der Gemeinde. Großen Zuspruch fanden auch die "Duisburg
Voices" mit Okko Herlyn kurz vor den Som-merferien.
Das Presbyterium hat Karl Faeser zum "Kulturdezernenten"
der Gemeinde ernannt. Er wird weiter Konzerte in der Kirche planen
und mit launigen Ansagen die Künstler zu der Vorstellung begrüßen.
Der Dank für die geleistete Arbeit im Presbyterium gilt auch
seiner Frau Heidi, die ihn von Anfang an kräftig unterstützt
hat. Oft haben beide gemeinsam die Vorbereitung für das Domcafé
nach dem Gottesdienst übernommen. Sie sorgen auch dafür,
dass bei den Veranstaltungen in der Kirche genug Getränke da
sind, die in den Pausen und am Ende angeboten werden.
|
|
|
|
|
|
Goldenes Dienstjubiläum Erkia Brands
Am
12. August wird in Wanheim ein seltenes Jubiläum gefeiert:
Erika Brands steht seit fünfzig Jahren im Dienst der Wanheimer
Gemeinde.
Am 18. Juli 1957 unterschrieb "Fräulein Erika Haack"
den Arbeitsvertrag. Auf Arbeitgeberseite zeichnete Superintendent
Otto Vetter den Vertrag ab. Am 1. August trat "Fräulein
Haack" ihren Dienst in der kirchlichen Verwaltung an. Leiter
des Gemeindeamtes an der Arlberger Straße war zu der Zeit
Erwin Thiele. Ihm folgten Klaus Villnow, Helga Louis-Eberlein und
schließlich Jutta Sahrhage.
Erika Brands, so heißt sie seit ihrer Heirat 1961, kümmerte
sich um die Buch- und Kassenführung und die Friedhofsangelegenheiten.
Am 1. Juli 1999 ging sie in den Ruhestand. Für die Verwaltung
des Friedhofs ist sie weiter bei der Gemeinde angestellt und kann
deshalb ihr fünfzigjähriges Dienstjubiläum feiern.
Dies soll im Gottesdienst und bei der anschließenden Gemeindeversammlung
am 12. August gewürdigt werden.
Neuer Pfarrer für Gemeinde St. Suitbert
Fast 28 Jahre hat Pfarrer Hans-Peter Latsch Dienst
in der Gemeinde St. Suitbert getan. Zum 1. November schickte ihn
der Bischof in den Ruhestand als Gemeindepfarrer. Pfarrer Latsch
wird sich über mangelnde Arbeit dennoch nicht beklagen müssen.
Denn der Bischof beauftragte ihn zum Pfarrer mit besonderem Dienst
in der Krankenhausseelsorge. Das Malteser-Krankenhaus St. Anna ist
also das neue Aufgabenfeld für den rüstigen Ruheständler.
Außerdem wird er weiterhin in den Gemeinden Gottesdienste
halten.
Als sein Nachfolger in der Gemeinde wurde am 7. November der Huckinger
Pfarrer Hans-Thomas Patek eingeführt. Er hat nun beide Gemeinden
zu betreuen, insgesamt 7000 Seelen.
Zu dem Bild:
Pfarrer Hans-Peter Latsch vor dem Bild der Kirche St. Vinzenz
in Oberhausen-Osterfeld. Dort empfing er seine Primiz.
|
|
Walter Höschen Verabschiedung
Schön
für ihn, aber schade für die Gemeinde: Am 14. Juni ist
Walter Höschen 75 Jahre alt geworden. Schön, dass er sich
bester Gesundheit erfreut und man ihm die 75 Jahre weder ansieht
noch anmerkt. So voller Energie, Tatkraft und Lebenslust hätte
die Gemeinde ihn gern noch weitere Jahre als Presbyter gehabt.
Doch da hat die Kirchenordnung einen Riegel vorgeschoben und bestimmt,
dass spätestens mit Vollendung des 75. Lebensjahres das Presbyteramt
endet.
Walter Höschen hat das Amt im Oktober 2001 angetreten und dabei
gleich auch die Nachfolge von Kurt Block als Kirchmeister. In seine
Amtszeit fiel die Renovierung der Kirche im Jahr 2003. Bei den Arbeiten
hat er selber kräftig mit Hand angelegt. Sein außerordentliches
handwerkliches und künstlerisches Geschick kam der Gemeinde
in vielerlei Hinsicht zugute.
Es zeigt sich auch auf der ersten Seite des Gemeindegrußes.
Das Logo, mit dem das Heft seit einigen Jahren erscheint, ist sein
Werk.
In diesem Jahr hat er mitgeholfen, die rechte Seite in der Kirche
so umzugestalten, dass sie nun mit Rollstuhl oder Kinderwagen befahren
werden kann. Ein schöner Raum ist da entstanden, wo man auch
gut stehen und ein Glas trinken kann.
In der Presbyteriumssitzung am 21. Juni hat Walter Höschen
die Schlüssel an seinen Nachfolger im Kirchmeisteramt, Christian
Meybohm, übergeben. Im Gottesdienst am 10. September wird er
offiziell von der Gemeinde als Presbyter verabschiedet.
Nachruf auf Walter Höschen
Geboren
am 14.06.1931. Aufgewachsen in Wanheim.
Als Kirchmeister organisierte er die Innenrenovierung der Wanheimer
Kirche 2002 zu ihrer 100-Jahr-Feier. Mit leiser Stimme und guten
Argumenten überzeugte er im Presbyterium und die Handwerker.
Als Holzmodellbauer brachte er sein Wissen über den Werkstoff
bei der Renovierung ein. Seine sympathische Ausstrahlung unterstütze
seine Kompetenz.
Er gehörte mit seiner Frau zu den Gründungsmitgliedern
des Freundeskreises der Evangelischen Kirche Wanheim, den er als
Kassenwart entscheidend mitprägte.
Wir vermissen Walter Höschen als einen warmherzigen, zugewandten
Menschen, dem Wanheim, seine Kirche und die Evangelische Gemeinde
immer sehr am Herzen lagen.
Seine Expertise war bis zum Schluss gefragt.
Er starb am Ostermontag in Folge eines Fahrradunfalls und wurde
am 6.Mai 2022 auf dem Wanheimer Friedhof beigesetzt.
|
|
|
|
|
|
Marlene Dühr verabschiedet
Nach
29 Jahren in Wanheim wurde Marlene Dühr im Gottesdienst am
10. Juli offiziell von der Gemeinde verabschiedet. Anfang August
zog sie nach Eschwege um, wo ihr ältester Sohn mit Familie
wohnt.
Zwei Presbyterinnen würdigten im Gottesdienst ausführlich
ihr Wirken in der Gemeinde.
Mit Mann und drei Kindern ist sie 1976 nach Wanheim gekommen. Ihr
Mann, Hartmut Dühr, wurde dem damaligen Superintendenten, Helmut
Blank, als "rechte Hand" zugewiesen.
Die Dührs bereicherten den Wanheimer Kirchenchor und übernahmen
die Leitung des Seniorenclubs, der damals über sechzig Personen
anzog.
Nach dem Tod ihres Mann im Jahr 1994 ließ Marlene Dühr
sich zwei Jahre später bei der Presbyteriumswahl aufstellen.
Im vergangenen Jahr wurde sie wieder in das Leitungsteam der Gemeinde
gewählt. Ebenso engagierte sie sich in der Frauenhilfe und
im Besuchsdienst.
Regelmäßig verbrachte sie über Weihnachten und Ostern
mehrere Wochen bei der Familie ihres Sohnes in Eschwege. In der
Nähe ihrer Angehörigen hat Marlene Dühr eine neue
Bleibe gefunden.
Ihren Abschied überstrahlte herrlicher Sonnenschein. Zwei Presbyterinnen
und die Pfarrfrau sorgten für ein reichhaltiges Kuchenbuffet,
das dankbare Abnehmer fand.
Hannelore Hasselkamp von der katholischen Gemeinde St. Suitbert
dankte der Mitarbeiterin für ihren Einsatz als Verbindungsglied
zwischen evangelischer und katholischer Gemeinde.
Zur Erinnerung an die Gemeinde überreichte Pfarrer Brand zum
Abschied einen Bilderrahmen mit einem großen Foto von der
Kirche.
Worte zur Verabschiedung im Gottesdienst am 10.
Juli
Liebe Marlene,
da du unser Gemeindeleben und unsere Gottesdienste rege mitgestaltet
hast, wollen wir dir jetzt auch im Gottesdienst ein paar Worte zum
Abschied sagen.
Du bist keine "Eingeborene", keine gebürtige
Wanheimerin. 1976 ereilte dich der Ruf, nach Wanheim zu kommen.
Vielmehr deinen Mann ereilte dieser Ruf. Ihr wohntet zu der Zeit
in Ruhrort, dein Mann war Pastor. Er sollte nun die "rechte
Hand" es Superintendenten Helmut Blank werden. Dir war es zunächst
gar nicht recht, Ruhrort zu verlassen. Aber dann hast du auf einer
Schiffsreise mit den Kindern vom Rhein aus in Ufernähe den
kleinen Kirchturm zwischen den Bäumen gesehen und gefragt,
zu welcher Kirche dieser Turm gehörte. "Das ist die evangelische
Kirche von Wanheim", hat dein Mann gesagt. In dem Moment hast
du dich mit dem Vorhaben ausgesöhnt, nach Wanheim umzuziehen.
Am Tollberg fandet ihr ein neues Zuhause. Der
Kirchenkreis Duisburg-Süd mietete dort ein Haus für zwanzig
Jahre an. Dein Mann, Hartmut Dühr, kümmerte sich schwerpunktmäßig
um die Seniorenarbeit. Als Pfarrfrau, wie man sie von früher
her kennt, hast du dich sofort mit in der Arbeit deines Mannes engagiert.
Zum Seniorenclub, den ihr übernahmt, kamen regelmäßig
mehr als sechzig Personen.
Mit euren drei Kindern habt ihr im Ruhrorter Kirchenchor mitgesungen.
Euer Weggang war ein Verlust für die Gemeinde Ruhrort und ein
Gewinn für die Gemeinde Wanheim. Denn nun hatte die Chorleiterin,
Erika Pedak, vier treue Sängerinnen und Sänger mehr in
ihrem Chor.
Im Sommer 1983 war dein magenkranker Mann am Ende seiner körperlichen
Kraft. Im Oktober trat er in den Vorruhestand ein. Ihr zogt zu zweit
in das väterliche Elternhaus in der Lüneburger Heide ein.
Doch bereits ein halbes Jahr später kehrtet ihr nach Wanheim
zurück, "jubelnd", wie du schreibst. Denn du warst
froh, wieder in dem vertrauten Wanheim zu sein. Auch die Gemeinde
freute sich, denn das angemietete Haus stand leer, ihr konntet sofort
wieder da einziehen.
Ihr übernahmt nun ehrenamtlich die Seniorenarbeit der Gemeinde,
bis Pfarrer Herlyn euch aus dieser Arbeit entließ. Er hatte
ein neues Konzept entworfen, nach dem der Mittwochstreff bis heute
seine Arbeit macht. Dein Mann wurde zunehmend schwächer, 1994
starb er. Nach einer fast einjährigen Trauerzeit kamst du in
die Gemeinde zurück fandest in der Frauenhilfe deinen Platz.
Regelmäßig warst du da, hast Nachmittags selbständig
gestaltet und die Frauenhilfe im Bezirksvorstand vertreten.
1996 hast du dich nach heftigen Kämpfen in der Gemeinde für
die Presbyteriumswahl aufstellen lassen. Seitdem bist du im Vorstand
unserer Kirchengemeinde. Die Jahre, in denen du im Presbyterium
mitgewirkt hast, waren Jahre des Umbruchs. Einige schwierige Entscheidungen
hast du in dieser Zeit mit gefasst und mit getragen. Es würde
zu weit führen, diese aufzuzählen.
Nicht zu weit führt es aber, dir zu danken für deine zahlreichen
Dienste in der Gemeinde. Du warst immer mit ganzem Herzen und ganzem
Verstand dabei. Deine Stimme wird uns fehlen im Presbyterium, in
der Frauenhilfe, in der Gemeinde.
Du wirst auch unseren katholischen Glaubensgeschwistern fehlen.
Denn du warst ein wichtiges Verbindungsglied zwischen der evangelischen
und der katholischen Gemeinde in Wanheim.
Mit dem Dank verbinden wir gute Wünsche für die Zukunft.
Wir wünsche dir, dass du dich in Eschwege wohl fühlst,
dass du gesund bleibst, in der dortigen Gemeinde viel von deinen
guten Gaben einbringen kannst. Deine Familie und vor allem deinen
Enkelkinder brauchen dich als Rückhalt und Hilfe in vielerlei
Hinsicht. Wir wünschen dir, dass du immer wieder Zeit und Gelegenheit
findest, Kraft aufzutanken und die Schönheit deiner neuen Umgebung
zu genießen.
Einen irischen Reisesegen wollen wir dir mitgeben:
Möge Gott auf dem Weg, den du gehst,
vor dir hereilen.
Mögest du die hellen Fußstapfen des Glücks finden
und ihnen auf deinem Weg folgen.
Und bis wir uns wiedersehen
halte Gott dich fest in seiner Hand.
Damit du uns und die Wanheimer Kirche
immer vor Augen hast,
überreichen wir dir zum Abschied dieses Geschenk.
|
|
|
Pastor i. R. Helmut Blank
Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.
Josua 24,15
Die Evangelische Kirchengemeinde Wanheim
trauert um ihren
Am 2. Weihnachtsfeiertag 1958 wurde Helmut Blank
in der Wanheimer Kirche ordiniert. Bis 1990 blieb er Pfarrer der
Gemeinde. Besonders am Herzen lag ihm die Jugend. Ehemalige Konfirmandinnen
und Konfirmanden berichten von einem lebendigen Unterricht. In schönster
Erinnerung sind seine Freizeiten in die Ramsau. Tiefen Eindruck
haben seine Predigten hinterlassen. Helmut Blank hat sich auch als
Fußballfreund, aufmerksamer Mitbürger im Stadtteil und
als Mitbegründer eines Entwicklungshilfeprojekts in Nigeria
einen Namen gemacht. Der örtliche Bürgerverein hat ihn
für sein Engagement 1990 mit dem Wanheimer Taler geehrt.
Nach dem Eintritt in den Ruhestand Helmut Blank ist zusammen mit
seiner Frau Helga, die ihn in allen Dingen liebevoll unterstützt
hat, seiner Wanheimer Gemeinde treu geblieben.
Die Wanheimer Kirchengemeinde und die örtliche Bürgerschaft
werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Im Namen der Evangelischen Kirchengemeinde Wanheim
Pfarrer Friedrich Brand
Predigt
am 26. Dezember 2008 anlässlich des goldenen Ordinations-Jubiläums
von Pfarrer Helmut Blank, Lukas 2,14
Eine besondere Feier steht am 2. Feiertag in Wanheim
an: Helmut Blank begeht sein fünfzigjähriges Ordinationsjubiläum.
Am 1. November 1958 hat er als Hilfsprediger seinen Dienst in Wanheim
angetreten, am 2. Weihnachtstags ist er in der Wanheimer Kirche
ordiniert worden.
Uns ist ein Kind geboren
Aus einer Predigt von Helmut Blank 1988
Ein Kind ist uns geboren. Deshalb feiern wir Weihnachten.
Wir feiern seinen Geburtstag alle Jahre wieder, auch in diesem Jahr
ist das nicht anders. Nur im Unterschied zu uns Menschen: Das Kind
wird nicht älter. In unserem Bewusstsein bleibt es auch nach
zweitausend Jahren noch das Kind, das Kind in der Krippe oder auch
'das Christkind'. Wir erlauben ihm nur ungern, erwachsen zu werden,
schon gar nicht in der Weihnachtszeit. Weihnachten ohne 'Christkind',
das wäre kein Weihnachten mehr.
Vielleicht liegt es daran, dass in den Weihnachtstagen, viel mehr
als sonst, unser Gemüt angesprochen ist, und ein Kind spricht
nun mal unser Herz an. Kinder, kleine Kinder verkörpern noch
ein Stück heiler, unverdorbener Welt. Kinder brauchen Schutz,
weil sie hilflos, weil sie wehrlos sind. Und das wiederum macht
uns wehrlos, wehrlos gegen unsere Gefühle, Gefühle, gegen
die wir sonst im Leben ankämpfen, weil sie als Schwäche
ausgelegt werden könnten. Weihnachten erlaubt uns, wehrlos
zu sein, Gefühle zu zeigen.
Umso mehr, weil das Kind der Weihnacht über Generationen hinweg
Kind bleibt. Es führt uns in die eigene Kindheit zurück.
Die Lieder von seiner Geburt sangen schon die Eltern mit uns, als
wir noch Kinder waren. Wenn wir seinen Baum schmücken, die
Kerzen anzünden, werden Erinnerungen wach, die längst
verschüttet waren, werden Saiten in uns zum Klingen gebracht,
die sonst schweigen.
Sicher mögen wir das Christkind auch deshalb, weil es harmlos
ist, harmlos und lieb. Was kann ein Kind uns tun? Wo kann ein Kind
uns dreinreden? Und dann bringt es auch noch Geschenke.
Kein Wunder, das Christkind muss man einfach gern haben. Auch ich
liebe das Christkind, das Kind, das mich selbst noch einmal Kind
sein lässt, mich neben meine Kinder stellt, als sie klein waren,
mich einfach kindlich froh sein lässt.
Aber ob Jesaja das gemeint hat, als er den Menschen, in denen und
um die es dunkel geworden war, ansagte: 'Ein Kind ist uns geboren'
? (Jesaja 9,5) Ob Gott nur das niedliche, liebe Christkind gemeint
hat, als sein Engel den Hirten sagte: 'Euch ist der Heiland geboren!'?
Wohl kaum! Der Prophet spricht von einem Kind, aber das ist nicht
mehr niedlich. Wir brauchen uns nur seine Namen anzuschauen: 'Wunder-Rat'
soll es heißen. Es weiß also Rat, wo andere ratlos sind.
Es bringt Gottes Rat in unsere Welt. Und der ist wunderbar, der
lässt uns staunen, so sehr, dass er für viele Menschen
unannehmbar ist, weil da Dinge gesagt werden, die in unserer Gesellschaft
unmöglich scheinen. 'Macht Schluss', wird zum Beispiel das
Kind sagen, wenn es erwachsen ist, macht Schluss mit den Prestige-
und Machtkämpfen untereinander. Der Größte unter
euch sei euer Diener. Liebet einender. Achtet die Gaben, die Fähigkeiten
des anderen. Lasst ihm als Mensch seine Würde, die ihm Gott
gegeben hat. Gebt dem Hass keinen Raum in euren Herzen.
Ein Traum? Seit jener Weihnacht von Bethlehem ist das kein Traum
mehr, auch wenn das Dunkel noch immer über unserer Welt lastet.
Und doch hat die Herrschaft des Kindes längst begonnen. Sie
ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Spuren seiner Herrschaft
können wir jetzt schon entdecken: da, wo das Wunder der Versöhnung
zwischen Menschen geschieht, wo Menschen, die sprachlos geworden
sind, wieder miteinander zu sprechen beginnen. Das Kind der Weihnacht
hat die Herrschaft angetreten in unserer Welt. Es lädt uns
ein, seiner Spur zu folgen, seine Herrschaft für unser Leben
anzunehmen. Es lädt uns ein, ihm zu vertrauen wie Kinder. Und
da, wo wir die Einladung annehmen, kann unser Leben in Einklang
kommen mit Gott, mit dem Mitmenschen, mit uns selbst.
|
|
Johanna Stadler
"Du warst so Vieles", so stand
es auf der Todesanzeige:
"Eine liebende und sorgende Ehefrau, Mama und Oma.
Und auch Karnevalspräsidentin, Umweltaktivistin und Seelentrösterin
für Viele.
Wir vermissen dich sehr."
Am 8. Januar ist Johanna Stadler gestorben. Ihren 83. Geburtstag
hat sie noch zu Hause feiern können. An diesem Tag war
sie richtig guter Dinge und voller Hoffnung, dass sie nun
eine Weile ohne Krankenhaus auskommen könnte. Die Freude
am Leben und die Liebe ihrem Mann, der sie dringend brauchte,
hielt sie aufrecht.
Seit ihre beiden Kinder aus dem Haus waren, engagierte sie
sich in der Gemeinde. Die Seite der Dahlienstraße mit
den geraden Hausnummern war ihr Bezirk. Dort besuchte sie
die Alten an ihren Geburtstagen, ging im Advent sammeln für
die Diakonie und trug den Gemeindegruß aus. Als Pfarrer
Okko Herlyn 1991 einen Altentreff neu belebte, suchte er dafür
Mitarbeiterinnen. Johanna Stadler gehört seit der ersten
Stunde zum Team, das Mittwoch für Mittwoch Kuchen backt,
Kaffee kocht, für die Bewirtung sorgt und sich ein buntes
Programm für die älteren Herrschaften überlegt.
Da diese nicht ständig an ihr Alter erinnert werden möchten,
bekam der Kreis den Namen "Mittwochstreff".
Nach dem Ausscheiden von Pfarrer Herlyn übernahm Johanna
Stadler die Leitung und füllte dieses Amt auch mit achtzig
Jahren noch voller Freude und Engagement aus. Ob als Karnevalspräsidentin
oder Mitglied der Knevelshof-Tanzgarde, sie macht stets eine
gute Figur. Emsig war sie auch darum bemüht, Kontakte
zu pflegen. Regelmäßig gehen bis heute Besuche
hin und her zum Seniorentreff Neumühl oder zur Holtener
Frauenhilfe.
Äußerst wachsam nahm sie auch wahr, was im Stadtteil
und in der Stadt passierte. Seit der Gründung gehörte
sie der Wanheimer Bürgerinitiative gegen radioaktive
Verseuchung an, die gegen die Ansiedlung der GNS in Wanheim
protestierte.
Nach ihrem 80. Geburtstag musste sie sich aus gesundheitlichen
Gründen mehr und mehr aus der aktiven Gemeindearbeit
zurückziehen. In der Wanheimer Kirche, die sie zusammen
mit ihrem Mann über den Freundeskreis lange Jahre unterstützt
hat, fand die Trauerfeier für sie statt. Christa Stadler,
die Tochter der Verstorbenen, sprach darin dieses Gedicht
von Marie-Luise Kaschnitz:
Glauben Sie, fragte man mich,
an ein Leben nach dem Tode?
Und ich antwortete: Ja.
Aber dann wusste ich keine Auskunft zu geben,
wie das aussehen sollte dort.
Ich wusste nur eins:
keine Hierarchie auf goldenen Stühlen sitzend,
kein Niedersturz verdammter Seelen.
Nur,
nur Liebe, freigewordene,
niemals aufgezehrte, mich überflutend.
Mehr also, fragen die Frager,
erwarten Sie nicht nach dem Tode?
Und ich antworte:
Weniger nicht.
|
|
Erika Pedak
Im Alter von 83 Jahren verstarb am 27.
Oktober 2013 unsere langjährige Gemeindehelferin Erika
Pedak. Sie wurde am 19. März 1930 in Ostpreußen geboren
und dort auch noch konfirmiert. Nach der Flucht wohnte die Familie
in Bochum-Langendreer. Später besuchte sie die Bibelschule
in Wuppertal und trat ihre ersten Stellen in Essen und Mülheim
an. Von 1970 bis 1992 wirkte sie in Wanheim.
Unsere Gemeinde hat Frau Pedak außerordentlich viel zu
verdanken. Nur stichwortartig ist es möglich, ihre vielen
Aktivitäten und Initiativen aufzuzählen. Da ist der
Kirchenchor, der Ehepaarkreis, der "Abend der Frau".
Da sind die vielen Freizeiten, die Gemeindefeste oder Adventsfeiern.
Da sind der Kindergottesdienst, die Kinder- und Jugendarbeit
und der Konfirmandenunterricht. Die Arbeit im Presbyterium oder
in den verschiedenen Ausschüssen. Da ist ihr sozial-diakonisches
Engagement etwa in der damaligen Efeustraße oder später
im Besuchsdienst. Da ist ihr seelsorgerliches Wirken bis hinein
in menschliche Winkel, die von den Pastoren nicht immer erreicht
werden. Die Aufzählung muss unvollständig bleiben.
In all den Jahren hat sich Frau Pedak ein überaus hohes
Maß an Ansehen erworben, gerade weil sie darum nie gebuhlt
hat. Das lag neben ihrem großen Engagement vor allem an
ihrer zugewandten und menschenfreundlichen Art und ihrer natürlichen
Frömmigkeit. Dazu gehörte, dass sie manchmal, wie
man hier sagt, auch "ihren Kopf hatte". Im Streit
war sie es allerdings meist, die den ersten Schritt zur Versöhnung
tat. Ihr Christsein war im wahrsten Sinne des Wortes glaubwürdig.
Bei ihrem Abschiedsgottesdienst wollte sie kein Menschenlob
hören. Doch wir haben allen Anlass, Gott für dieses
segensreiche Leben zu danken.
Okko Herlyn
|
|
|
Horst Ziemer
|
Horst Ziemer (Links) im Wahlvorstand
bei der Presbyteriumswahl 1996 mit Christel Sablotny,
Gisela Topolski, Klaus Tepelmann und Horst Sablotny. |
Am Sonntag, den 18. Mai, ist in den frühen
Morgenstunden der ehemalige Presbyter der Gemeinde, Horst
Ziemer, gestorben. 1992 wurde Horst Ziemer in das Leitungsgremium
gewählt. Er trat damit in die Fußstapfen seiner
Mutter, die dem Presbyterium als eine der ersten Frauen angehört
hatte.
In die Amtszeit von Horst Ziemer fiel der Abschied von Okko
Herlyn und die Wahl des Nachfolgers. Kurz nach der Presbyteriumswahl
1996 legte Horst Ziemer sein Amt aus gesundheitlichen Gründen
nieder.
Mit Begeisterung verfolgte er die Konfirmanden-Fußballturniere
im Juni des letzten Jahres und Ende Januar dieses Jahres.
Seine Enkeltochter Maren gehörte beide Male zur Siegermannschaft.
Ein unvergessenes Erlebnis blieb für ihn der eigene Erfolg
im Handball. 1965 wurde die
Wanheimer CVJM-Mannschaft deutscher Eichenkreuzmeister und
erhielt eine Einladung zu einem Freundschaftsspiel gegen die
dänischen Meistermannschaften aus Jütland und Seeland.
Horst Ziemer machte als Mitglied der Wanheimer Meistermannschaft
die legendäre Reise nach Dänemark mit.
Ende März dieses Jahres wurde eine schwere Erkrankung
bei ihm diagnostiziert, an deren Folgen er sechs Wochen später
verstarb. Horst Ziemer wurde 73 Jahre alt.
|
|
Helmut Lierhaus
|
Zu dem Bild: Helmut Lierhaus und
Theo Ringel, zwei Männer, die sich verstehen
|
Am Montag, den 5. Juli, ist Helmut Lierhaus
nach schwerer Krankheit gestorben. Er hat von 1962 die Orgel
in der Wanheimer Kirche gespielt. 29 Jahre stand er als Organist
im Dienst der Gemeinde, so lange wie vor ihm und nach ihm
bisher keiner.
Im Gemeindegruß April/Mai 1991 dankt ihm Erika Pedak
mit diesen Worten:
"´Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte.`
Dieses Wort aus Psalm 73 ist Herrn Lierhaus in seinem langen
Leben wichtig geworden. Es hat ihn begleitet auch auf dem
langen Weg in unserer Gemeinde. Er hat es musiziert und gesungen,
und er hat es überzeugend getan. Er, der Mann, der 29
Jahre auf der Orgelbank gesessen hat. Wie viele Gottesdienste
sind das? Wie viele Feste und Feiertage?
Er hat uns mit sicherer Hand durch die Liturgie geführt,
war helfend da, wenn wir neue Lieder einsangen. Es machte
uns Spaß, zu seinem Orgelspiel unsere geliebten Choräle
zu singen. Und wie freute sich die Gemeinde an seinen abwechslungsreichen
Vor- und Nachspielen. Viele waren ein wahrer Ohrenschmaus.
Ihm sei von Herzen für seinen musikalischen Dienst gedankt.
Er wird nun der Gemeinde auf seinem Platz auf der Orgelempore
sehr fehlen."
Am Samstag, den 6. April 1991 wurde Helmut Lierhaus mit einem
festlichen Gottesdienst verabschiedet. Er war auch nach der
Pensionierung gern bereit, bei Beerdigungen und Trauungen
zu spielen oder im Gottesdienst auszuhelfen. Sein Lebensschwerpunkt
verlagerte sich mit der Zeit immer mehr in die schöne
Gegend von Freiburg in der Nähe des Schwarzwaldes. Dort
wohnt einer der beiden Söhne mit Frau und drei Kindern.
Kurz nach seinem siebzigsten Geburtstag zogen er und seine
Frau im Februar 2001 den Kindern und Enkeln nach. Hin und
wieder kamen sie noch einmal nach Wanheim, so bei der Hundertjahr-Feier
der Kirche im Jahr 2003, bei der auch das Foto unten entstanden
ist.
Am Montag, den 19. Juli, hat die Trauerfeier mit anschließender
Beisetzung der Urne in Bahlingen stattgefunden.
Helmut Lierhaus hat nach wie vor in Wanheim viele Freunde,
die um ihn trauern. Die Gemeinde wird ihm ein ehrendes Andenken
bewahren.
|
|
Reinhild Dahmen
Unter den Geburtstagskindern im August wäre
auch Reinhild Dahmen gewesen. Am 31. hätte sie ihr 78.
Lebensjahr vollendet. Doch sie ist am 2. Mai nach langer und
mit großer Tapferkeit ertragener Krankheit gestorben.
Reinhild Dahmen hat usammen mit ihrem Mann
Kurt 23 Jahre den Küsterdienst in der Gemeinde versehen.
Sie war darüber hinaus viele Jahre ehrenamtlich in der
Gemeinde aktiv als Mitglied der Frauenhilfe, beim Legen und
Verteilen des Gemeindegrußes, als Mitglied im Besuchsdienstkreis
und als Diakonie-Sammlerin.
Ihr Konfirmationsspruch war das Leitwort für die Trauerfeier:
"Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was
er dir Gutes getan hat."
Vergessen werden auch die Gemeindemitglieder nicht, was sie
Gutes für die Gemeinde getan hat. Unter großer
Anteilnahme ist sie zu Grabe getragen worden.
|
|
|
Theo Ringel
Nach kurzer schwerer Krankheit verstarb
am 5. September Theo Ringel. Er war einer der vielen ehrenamtlichen
Mitarbeiter, auf die eine Gemeinde nicht verzichten kann.
Nach der Pensionierung der Gemeindehelferin Erika Pedak im
März 1993 nahm er sich in die Pflicht und kümmerte
sich um den Ehepaarkreis, den Frau Pedak gemeinsam mit Pfarrer
Wilfried Schlee zu Beginn der 70er Jahre ins Leben gerufen
hatte. Der Kreis entwickelte sich zu einer festen Größe
in der Gemeinde.
Bereits im Gemeindegruß für die Monate Juni/Juli
1993 war für Rückfragen die Telefonnummer von Theo
Ringel angegeben. Er wollte als tatkräftiger Mitarbeiter
gesehen werden. In den Folgejahren wurde aus dem "Kümmerer"
ein verlässlicher Leiter des Kreises.
Nach der gemeinsamen Planung im Januar eines jeden Jahres
sorgte er gemeinsam mit seiner Frau Dele für die Umsetzung
des Programms. Er nahm Kontakte zu gewünschten Referenten
auf und leistete die Vorarbeit für die Aktivitäten
außerhalb der Gemeinde.
Besichtigungen, kulturelle Veranstaltungen und Ausflüge
erforderten viele Telefonate und Terminabsprachen. Hinzu kamen
Erinnerungen an die "Termin-Vergesslichen".
Unvergessen bleiben für alle aus dem Kreis die gemütlichen
Abende, an denen er mit seiner Frau theaterreif für Heiterkeit
sorgte. Die besinnlichen Stunden zur Adventszeit in dem unter
Mithilfe von Ute Götsch geschmückten Domcafe´
rundeten das Jahresprogramm ab.
Wir denken gern an die dreizehn Jahre mit ihm zurück.
Er wird in Gesprächen immer wieder unter uns sein.
Hans Rohrbach
|
|
Ernst Dohmen
Vermisstenschicksal nach 59 Jahren geklärt
Ernst Dohmen, geboren am 9. September
1925 in Wanheim und Bruder von Heinz Dohmen und Trude Rohrbach,
galt seit März 1945 als vermisst. Am 15. März 1945
schrieb er an die in Thüringen evakuierte Mutter und Schwester,
dass er sich nun in einem Barackenlager im Raum Fürstenwalde
(östlich von Berlin) befinde und auf den Einsatzbefehl
in östlicher Richtung wartete; dies war seine letzte Nachricht.
Umfangreiche Suchmeldungen der Eltern nach Kriegsende führten
zu keiner weiteren Aufklärung.
Im April 2004 erhielt Heinz Dohmen eine Mitteilung des Deutschen
Roten Kreuzes, dass auf Grund der FamilienSuchmeldung aus den
50er Jahren das Schicksal des Verschollenen nun aufgeklärt
werden konnte. Eine Sterbefallanzeige war dem Schreiben beigefügt.
Als Todestag war der Zeitraum Mitte bis Ende März 1945
bei Kuhbrücke in der Provinz Brandenburg angegeben.
Weiterer Schriftverkehr mit den zuständigen Behörden
gab genaue Auskünfte: Am 9. September 2002, es wäre
sein 77. Geburtstag gewesen, konnte ein Bestatter des Volksbundes
Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Überreste von
Ernst Dohmen aus einem Feldgrab am Oderdamm bergen und auf den
Soldatenfriedhof in Lietzen überführen.
In der letzten Oktoberwoche dieses Jahres besuchten Bruder und
Schwester des Verstorbenen mit ihren Ehepartnern den Friedhof
und auch den Fundort am Oderdamm. Ein Mitarbeiter des Volksbundes
begleitete sie. Dank der umfangreichen Arbeit des VDK ist der
Friedhof in einem gepflegten und guten Zustand, ein beruhigendes
Gefühl für die Angehörigen.
Hans Rohrbach |
|
Heinrich Hildebrand
Heinrich Hildebrand hat ihn gerade noch
fertig bekommen: Den vierten und letzten Band seiner Wanheimer
Heimatgeschichte.
Nach seiner Pensionierung hat Heinrich Hildebrand 1987 mit
der Erforschung der Heimatgeschichte begonnen. Schnell türmte
sich vor ihm ein Berg von alten Belegen und Unterlagen auf.
In drei Bänden mit insgesamt über 1300 Seiten brachte
er eine umfassende Darstellung der Wanheimer Geschichte heraus.
Einen eigenen vierten Band sah er vor für
die Geschichte Schule und der beiden Wanheimer Kirchen. Mit
dem Gefühl, dass die Kraft irgendwann einmal aufgezehrt
sein könnte, arbeitete er sich unermüdlich voran.
Noch vom Krankenbett aus gab er letzte Anweisungen für
die Fertigstellung, bis sein treuer Mitarbeiter Wilfried Hucks
ihm schließlich sagen konnte: "Es ist vollbracht.
Der Band ist in Druck."
Heinrich Hildebrand hat damit sein Lebenswerk vollendet. Er
ist am 2. November gestorben und sechs Tage später unter
großer Anteilnahme der Gemeinde beigesetzt worden. Der
gesamte Stadtteil ist ihm zu großem Dank verpflichtet.
Am Dienstag, den 14. Dezember, wird das Buch um 19 Uhr im
Bürgertreff der Öffentlichkeit vorgestellt. Es ist
dann bei Wilfried Hucks und in der Buchhandlung "Was
ihr wollt" in Buchholz zum Preis von 20 € erhältlich.
|
|
|
Tilla Kaufmann Alt werden kann schön sein
Ungefähr
fünfhundertfünfzig Personen in der Gemeinde Wanheim
sind siebzig Jahre und älter. Eine ist am 1. Mai hundert
geworden: Tilla Kaufmann. In bester Stimmung und guter Verfassung
nahm sie die Glückwünsche der zahlreichen Gratulanten
entgegen.
Der Männergesangverein Thyssen-Wanheim brachte ihr
ein Geburtstagsständchen dar. Auch die Mitbewohner und
Pflegerinnen im Christopherusheim hatten ihre Freude daran.
Es ist nicht auszuschließen, dass Tilla beim nächsten
Wanheimer Volksfest wieder dabei ist und sogar ein Tänzchen
riskiert. Den Segen der Wanheimer hat sie.
|
|
|
Leon Jessel
|
Leon Jessel und Leni Steinancher |
Stolpersteine in Wanheim
Am Montag, den 23. Mai, werden um 15 Uhr
auf der Wanheimer Straße drei "Stolpersteine"
verlegt zum Gedenken an Arnold, Martha und Ruth Jessel.
Arnold Jessel, 1885 geboren, eröffnete 1912 zusammen
mit seiner Frau Martha Jessel ein Bekleidungsgeschäft
in Wanheim. Seit 1919 war das Geschäft an der Wanheimer
Straße 648 ansässig.
Das "Haus Jessel" galt in Wanheim als gute Adresse.
Jessel war auch Mitglied mehrerer Vereine. Nach der Machtübernahme
durch die Nazis und den von ihnen erlassenen anti-jüdischen
Gesetzen mussten die Vereine alle Juden ausschließen.
Der Wanheimer Turnverein hat daraufhin die Namen der Jessel-Kinder
Ruth und Leon gelöscht, ihnen jedoch die weitere Teilnahme
an den Übungsstunden ermöglicht.
Nationalsozialisten aus Hüttenheim verwüsteten in
der Nacht vom 19. auf den 20. November 1935 die Geschäftsräume
des Hauses Jessel. Die Eheleute Jessel flohen mit ihrer Tochter
zu Verwandten nach Kaiserswerth. Leon gelang es im Februar
1939, nach mehreren Verhaftungen und einer Inhaftierung im
KZ Buchenwald Deutschland zu verlassen.
Das "Haus Jessel" in Wanheim übernahm 1936
ein nicht-jüdischer Geschäftsmann und eröffnete
es neu als "Fritz Hellweg Kaufhaus".
Ruth Jessel wurde 1942 nach Lublin deportiert. Dort sperrten
SS-Leute sie in einer Holzbaracke ein, um alle dort eingeschlossenen
Menschen mit der Baracke zu verbrennen. Ruth war 31 Jahre
alt, als Nazi-Verbrecher sie ermordeten.
Arnold und Martha Jessel wurden am 25. Juli 1942 in das KZ
Theresienstadt und von dort am 15. Mai 1944 nach Auschwitz
gebracht, wo sie das Schicksal von 2.500.000 Menschen in Auschwitz
teilten: Sie wurden wie ihre Tochter ermordet.
(Die Angaben sind dem 3. Band der Heimatgeschichte von Heinrich
Hildebrand entnommen. Der Bericht, zu finden auf den Seiten
544 bis 549 folgt hier im Wortlaut.)
Das Schicksal der jüdischen
Familie Jessel
Die heute über 70-jährigen in
Wanheim geborenen und zumindest bis zum ende des Zweiten Weltkriegs
dort verbliebenen Bürger werden sich noch, je nach Alter
mehr oder weniger intensiv, an das Bekleidungsgeschäft
des Juden Arnold Jessel erinnern. Es dürfte ihnen auch
bekannt sein, dass Arnold Jessel, seine Ehefrau Martha und
seine Tochter Ruth in Vernichtungslagern der SS den Tod gefunden
haben.
Über die historischen Entwicklungen, die diesem Geschehen
vorausgingen, möge man sich in der einschlägigen
Literatur, z.B. der von Dr. von Roden verfassten "Geschichte
der Duisburger Juden" informieren. Wir beschränken
uns hier auf die Darstellung einiger darin beschriebener Vorgänge,
die zeigen sollen, wie sich nach der "Machtübernahme"
der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 auch in Duisburg
das Verhältnis der Bevölkerung zu den Juden schlagartig
veränderte. Wie v. Roden schrieb, begann das rücksichtslose
und brutale Vorgehen gegen die Duisburger Juden, soweit den
Quellen zu entnehmen war, am 22. Februar 1933.
Im Laufe des gesamten Jahres 1933 kam es in Duisburg immer
wieder zu Übergriffen gegen jüdische Geschäftsleute
und Persönlichkeiten, die zumeist von der Polizei bagatellisiert
oder falsch dargestellt und juristisch nicht geahndet wurden.
Am 31. März 1933 nahm der Rat der Stadt folgenden Dringlichkeitsantrag
der Fraktion der NSDAP an:
Die Stadtverwaltung wird ersucht, ab heute ihren Beamten,
Angestellten und Arbeitern unter Androhung der Entlassung
bzw. des Disziplinarverfahrens zu untersagen, in jüdischen
Geschäften bis auf weiteres Einkäufe zu tätigen
oder jüdische Rechtsanwälte und Ärzte in Anspruch
zu nehmen.
Wenn auch die gesetzlichen Bestimmungen z. Zt. eine Handhabe
im Sinne des Antrages nicht geben, so erachte ich es doch
für selbstverständlich, daß die Beamten-,
Angestellten-, Arbeiter- und Lehrerschaft den Abwehrkampf
der Reichsregierung gegen die ausländische Greuelhetze
im Sinne des Antrages unterstützt. Diese Verfügung
ist sofort sämtlichen Beamten, Angestellten, Arbeitern
und Lehrern bekanntzugeben.
Der Oberbürgermeister
Die den Rat nach gewaltsamer Verdrängung
der KPD-Ratsherren beherrschende NSDAP/DNVP-Fraktion hatte
demnach bereits im März 1933 die Macht, einen Mehrheitsbeschluss
durchzusetzen, für den eine gesetzliche Handhabe überhaupt
nicht bestand. Der damalige (Noch-) Oberbürgermeister
Karl Jarres wie auch die sich der Stimme enthaltende Zentrumsfraktion
konnten die Annahme dieses Beschlusses nicht verhindern.
Diese in ähnlicher Form im gesamten Reichsgebiet eingeführte
Verfügung wurde im September 1933 wegen ihrer negativen
Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zwar wieder außer
Kraft gesetzt, im September 1935 - nach Festigung des nationalsozialistischen
Regimes -jedoch endgültig zur rigorosen Durchführung
gebracht. Am 8. September 1935 versandte die Kreisleitung
der Duisburger NSDAP an ihre Ortsgruppen ein Verzeichnis aller
in Duisburg bestehenden jüdischen Geschäfte, das
u.a. folgende Eintragung enthielt "Jessel, Arnold, Kurz-Weiß-Wollwaren,
Ehinger Straße 248".
Einen der "legalen" Rahmen zur Diskriminierung der
Juden in Deutschland bildeten die berüchtigten "Nürnberger
Gesetze", die anlässlich des "Reichsparteitags
der Freiheit" am 15. September 1935 vom nach Nürnberg
einberufenen Reichstag angenommen wurden. Von da an waren
die Juden das "Freiwild" der Öffentlichkeit.
Die Familie Jessel
Die folgenden Ausführungen stellen
eine Zusammenfassung dar der Angaben
- in der "Geschichte der Duisburger Juden" von Günter
von Roden
- des Archivs der Stadt Duisburg,
- von Herrn Leon Jessel aus Walsall, England,
- von Herrn Friedhelm Hütten, USA,
- und von älteren Wanheimer Bürgerinnen und Bürgern.
Arnold Jessel wurde am 9. Februar 1885 in
Weilburg geboren. 1903 und 1909 hat er sich vorübergehend
in Duisburg und in Wanheim aufgehalten. Nach seiner Vermählung
mit Martha Wolf, geb. am 12. Mai 1885 in Kaiserswerth, eröffnete
er 1912 in Wanheim, Ehinger Straße 358, ein Herrenbekleidungs-
und Manufakturwarengeschäft. (Das in-zwischen abgerissene
Haus stand auf der Westseite der Ehinger Straße etwa
gegenüber der Mitte der Häuserzeile zwischen dem
Wanheimer Hochbunker und der Ecke Ehinger Straße/Steinbrinkstraße.)
1919 verlegte er sein Geschäft in das Haus "Ehinger
Straße 248" (1990: Wanheimer Straße 648),
in dem die Familie bis zur gewaltsamen Zerstörung der
Geschäftsräume im November 1935 wohnte. Das Duisburger
Adressbuch des Jahres 1937 enthält jedoch noch folgende
Eintragungen:
Im Namensverzeichnis: "Arnold Jessel, Manufakturwaren,
Ehinger Straße 248"; im Straßenverzeichnis:
"Ehinger Straße 248, Fritz Hell-weg, Kaufhaus".
Die Angaben im Namensverzeichnis sind nachweis-lich falsch,
die im Straßenverzeichnis sind nachweislich richtig.
Fritz Hellweg hatte 1936 Geschäftsräume und -brauche
im Hause Ehinger Straße 248 übernommen.
Das
Ehepaar Jessel hatte drei Kinder:
Ruth, geb. 17. November 1911 in Düren,
Edith, geb. 3. Oktober 1913 in Wanheim,
gest. 20. Mai 1917, beerdigt in Kaiserswerth, Leon(hard),
geb. 25. Juni 1918 in Wanheim.
Arnold Jessel hat von 1915 bis 1918 als deutscher Soldat am
Ersten Weltkrieg teilgenommen.
Im Urteil der älteren Wanheimer Bürger war das "Haus
Jessel" gut angesehen. Alle Befragten stimmten darin
überein, dass Arnold Jessel sich alljährlich durch
Kleider- und sonstige freiwillige Sachspenden an Bedürftige
oder an Schulen und Kindergärten besonders hervorgetan
hat. Jessel war auch Mitglied mehrerer Vereine. 1933 mussten
jedoch alle Mitgliedschaften aufgelöst werden. Im Mitgliederverzeichnis
des MGV "Sängerbund" 1871 Wanheim ist der Name
Jessel bis einschl. 1932 enthalten. Johann Hütten vom
TV 1900 Wanheim berichtete, dass auch der Turnverein zur Aufhebung
der Mitgliedschaft aufgefordert worden war. Der Verein habe
daraufhin zwar die Namenseintragung gelöscht, den Kindern
Ruth und Leon aber die weitere praktische Teilnahme an den
Übungen so lange, wie es ging, ermöglicht. Leon
Jessel hat diese Angaben am 15. Mai 1990 anlässlich seines
Besuchs in Wanheim bestätigt.
Die ersten Belästigungen der Familie setzten schon kurz
nach dem 30. Januar 1933 ein. Sie waren u.a. dadurch gekennzeichnet,
dass uniformierte Mitglieder der NSDAP sich in provozierender
Weise in der Nähe des Geschäfts aufhielten und Geschäftsbesucher
fotografierten.
Es wird ebenfalls berichtet, dass auch Wanheimer Bürger
bereits 1933 Arnold Jessel ihre Freundschaft aufgekündigt
haben. Der 14jährige Sohn Leon wurde am 1. April 1933
erstmals verhaftet. Nach seinen Angaben sind die Geschäftsräume
seiner Eltern in der Nacht vom 19. auf den 20. November 1935
(der 20. November war Buß- und Bettag) verwüstet
worden. Nach unseren Untersuchungen hat keine der damals in
Duisburg erscheinenden Zeitungen über diesen Vorfall
berichtet. Nach übereinstimmenden Angaben von Herrn Leon
Jessel und Wanheimer Bürgern sollen Nationalsozialisten
aus Hüttenheim an der Zerstörung der Geschäftsräume
beteiligt gewesen sein.
Unmittelbar nach diesem Vorfall hat sich das Ehepaar Jessel
mit Tochter Ruth zu den Eltern von Frau Jessel nach Kaiserswerth
begeben, von wo sie jedoch nach Duisburg zurückkehren
mussten, weil Juden ihren Wohnort nicht verlassen durften.
Bis 1939 wohnten sie in Duisburg, Lippestr. 18. Das Duisburger
Adressbuch von 1939 enthält dazu folgenden Vermerk: "Jessel,
Arnold Israel, Lippestr. 18". (Die Nationalsozialisten
hatten die männlichen Juden mit dem Zusatz "Israel",
die weiblichen mit dem Zusatz "Sara" zu ihrem Vornamen
besonders gekennzeichnet.) Eine in diesem Haus auf derselben
Etage wohnende Duisburgerin berichtete in einem Schreiben
an das Archiv der Stadt, dass das Ehepaar Jessel zuweilen
nachts das Haus verlassen hat: offensichtlich aus Angst vor
weiteren Belästigungen. Dazu könnten glaubhafte
Überlieferungen aus Wanheim passen, die davon berichten,
dass Herr Jessel im Schutz der Dunkelheit ehemalige und ihm
zuverlässig erscheinende Wanheimer Kunden aufgesucht
hat, um ihnen Restbestände aus seinem Geschäft zum
Kauf anzubieten. Auf diese Weise hat z.B. Frau Elisabeth Hucks
1935 oder 1936 Wäsche für die Aussteuer ihrer Tochter
Martha erworben.
1939 musste die Familie Jessel in das einem Juden gehörende
Haus Güntherstraße 12 in Duisburg umziehen, das
nur von Juden bewohnt war. Der heute in den USA lebende Friedhelm
Hütten erinnert sich daran, dass er als Schüler
gemeinsam mit seinem Vater, Hermann Hütten, Wanheim,
Friemersheimer Straße 33, nachts mit einem Handwagen
zur Güntherstraße gegangen ist, um Wertsachen der
Familie Jessel nach Wanheim zu holen und in seinem Elternhaus
zu verbergen. In dem "Judenhaus" an der Güntherstraße
sollen wegen der großen Zahl der dort Untergebrachten
beklagenswerte Wohnverhältnisse geherrscht haben. Die
letzte Duisburger Wohnung der Familie Jessel befand sich in
Meiderich, Baustraße 34/36.
Arnold Jessel ist ah 1939 zur Zwangsarbeit in Duisburg gezwungen
worden. Mehrere Wanheimer berichten übereinstimmend,
ihn in Arbeitskolonnen des Straßenbaus gesehen und gegrüßt
zu haben. Herr Jessel bat jedoch, auf den Gruß zu verzichten
und unauffällig weiterzugehen. Ähnliches wird auch
von Frau Jessel und ihren zufälligen Begegnungen mit
alten Bekannten aus Wanheim berichtet. Seit September 1941
mussten die Juden den sog. "Judenstern" tragen.
Wanheimer haben dieses Kennzeichen auch an der Kleidung der
Eheleute Jessel gesehen.
Ruth Jessel hat sich 1941 von Duisburg nach Mainz umgemeldet
und dort einen Juden namens Waldmann geheiratet.
Leon Jessel wurde, wie bereits erwähnt, erstmals am 1.
April 1933 verhaftet. Er ging 1935 nach Frankfurt, uni in
einem der Familie bekannten Unternehmen eine Lehre im Ledergewerbe
anzutreten. 1938 wurde er dort wiederum verhaftet und im November
in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. Von dort
bat er Ende 1938 seine Mutter um die Zusendung von 20,- Mark
und einer alten Decke. Zu je-ner Zeit waren dort ca. 13.000
Juden und 10.000 Deutsche inhaftiert. Wie Leon Jessel 1990
in Wanheim berichtete, hat ihm die im TV 1900 Wanheim erworbene
physische Leistungsfähigkeit das Ertragen der unmenschlichen
Haftbedingungen wesentlich erleichtert. Im Januar 1939 erlangte
er die Freiheit wieder, weil sich ein ihm unbekanntes englisches
Ehepaar bereit erklärt hatte, einen jungen deutschen
Juden aufzunehmen. Mit einem am 27. Januar 1939 in Offenbach
auf den Namen "Leonhard Israel Jessel" ausgestellten
und mit einem großen roten "J" (für "Jude")
besonders gekennzeichneten Reisepass konnte er Ende Februar
1939 Deutschland verlassen. Zwischen seiner Entlassung aus
dem Konzentrationslager und seiner Ausreise war er in Offenbach
noch ca. 15mal vorübergehend inhaftiert worden. Sein
persönliches Martyrium, das in Buchenwald schmerzliche
Höhepunkte erreicht hatte, ging mit seiner Ausreise zu
Ende, das Leid über den gewaltsam herbeigeführten
Verlust aller Familienangehörigen stand ihm jedoch noch
bevor.
Auf der Rückseite der Karte hatte Leon Jessel seiner
Mutter folgendes mitgeteilt: Liebe Mutti, ich sitze hier ein,
und mir geht es gut. Ich habe vorläufig Postsperre. Anfragen
an die Kommandantur sind zwecklos. Schicke mir bitte 20,-,
denn Geldsendungen durch Postanweisung sind zulässig.
Beachte bitte Ne.. & Block. Sende mir ebenfalls 1 alte
Decke und 1 Paar derbe Stiefel. Füge jedoch keinen Brief
bei. Herzliche Grüße Dein Sohn Leon
Das Schicksal von Ruth Jessel erfüllte
sich bereits am 30. September 1942. Gemeinsam mit andern nach
Polen deportierten Juden sperrte man sie in Piaski/Lublin
in einer Holzbaracke ein, die anschließend angezündet
und mit allen darin eingeschlossenen Menschen eingeäschert
wurde.
Arnold und Martha Jessel wurden am 25. Juli 1942 von Duisburg
aus nach Theresienstadt in Böhmen und von dort am 15.
Mai 1944 nach Auschwitz in Polen gebracht, wo sie die "Endlösung"
erwartete. Als Todesdatum wird der 1. November 1944 genannt,
doch gibt es dafür keinen Beleg.
Leon Jessel hat im Juli 1945 die Familie Hütten in Wanheim
aufgesucht und in Kaiserswerth den Familienbesitz beansprucht.
Zum Dank für ihre Hilfsbereitschaft unterstützte
er anschließend die Familie Hütten mehrfach durch
Paketsendungen. Leon Jessel hat in England eine neue Heimat
gefunden und dort eine Lederwarenfabrik gegründet, die
inzwischen von seinem Sohn geleitet wird.
Leon Jessel verbrachte Mitte Mai 1990 auf Einladung des Duisburger
Oberbürgermeisters Krings mehrere Tage in Duisburg. Am
15. Mai 1990 folgte er freundlicherweise einer Einladung des
Heimat- und Bürgervereins Wanheim-Angerhausen e.V zu
einem Gespräch in der Wohnung des Vorsitzenden Wilfried
Hucks. An diesem Treffen haben auch mehrere ältere Wanheimer
Bürger und der Verfasser teilgenommen. Es war ein zeitweise
schwieriges Gespräch, das jedoch sowohl von Leon Jessel
als auch von den übrigen Teilnehmern übereinstimmend
als notwendig und nützlich eingeschätzt wurde. Herr
Jessel äußerte sich dahingehend, dass Wanheimer
Bürger der Familie Jessel zu keiner Zeit Schaden zugefügt
hätten und erklärte sich gleichzeitig zur uneingeschränkten
Mitarbeit an diesem Bericht bereit. Dafür sei ihm an
dieser Stelle herzlich gedankt.
Nach unserer derzeitigen Kenntnis waren der Arbeiter Hermann
Hütten und sein noch schulpflichtiger Sohn Friedhelm
die einzigen Wanheimer Bürger, die unter Missachtung
der für sie selbst damit verbundenen Gefahren der in
größter Not geratenen Familie Jessel praktische
Hilfe geleistet haben.
|
|
|
|
|
|
|
|
|