- Rückblick auf sein ausgefülltes Berufsleben in unseren
Gemeinden und Ausblick auf das, was kommt -
Was hat Dich bewogen nach Duisburg zu kommen?
Wir kannten Pfarrpersonen, die gerne in Duisburg lebten und arbeiteten.
Dass sich die Gemeinde Wanheimerort auf uns als Pfarrehepaar einließ,
fanden wir innovativ und toll.
Was waren die Herausforderungen der ersten Jahre?
Ich wurde schnell Vorsitzender des Presbyteriums. Mit den vielen
Einrichtungen und Mitarbeitenden gleicht die Gemeinde einem beachtlichen
Unternehmen. Zudem steht man auf einmal stark in der Öffentlichkeit.
Und dann galt es, manches neu oder wieder aufzubauen, z. B. Kindergottesdienst
und Familienfreizeiten.
Wie hat sich Dein Berufsleben im Laufe der Jahre verändert?
Darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben. Mir fällt
zum Beispiel ein: Vieles ist komplexer geworden, z. B. als Gemeinde
Trägerin eines Kindergartens zu sein. Sodann wird Vernetzung
immer wichtiger. So haben wir zum Beispiel mit den Nachbargemeinden
zusammen die Online-Gottesdienste entwickelt oder größere
Veranstaltungen in der Jugendarbeit eingeführt, wie Praystation.
Und man selbst verändert sich ja auch. Durch persönliche
Veränderungen und Weiterbildungen entwickelt man neue Fähigkeiten.
Das habe ich in der Seelsorge zum Beispiel bei Beerdigungsgesprächen
gemerkt. Mit zunehmendem Alter fällt einem Anderes dagegen
nicht mehr so leicht.
Was war Dein schönstes, lustigstes, peinlichstes Erlebnis?
Es gab viele schöne Erlebnisse. Bei einer Kirchenführung
mit der Grundschule Eschenstraße hatten wir uns das Rosettenfenster
in der Gnadenkirche angesehen. Wir stellten fest, es sieht aus
wie eine Blüte. Da sagte ein Kind aus vollem Herzen: "Ist
ja auch klar, denn hier kann man aufblühen." - Kann
man den Sinn einer Kirche schöner beschreiben? -
Wir hatten mit Kindern gezeltet. Es war nachts allzu kalt geworden.
Wie würden die Kinder aufwachen? Da krabbelte ein Junge fröhlich
aus dem Zelt. Ich fragte: war es nicht zu kalt? Er wehrte vehement
ab. Wir sind doch nicht empfindlich. Es war nicht kalt, es war
"kühlschrankwarm".
Der gleiche Junge sagte in einem Schulgottesdienst: "So wie
ich den Laden hier kenne, geht es bestimmt um Jesus." Wir
haben immer wieder darüber gelacht.
Ich stehe vor der Gemeinde und sehe: du hast ja rote Schuhe an
- zum Talar! Mir schoss es durch den Kopf: wie konnte das passieren?
Geh etwas in die Knie, dass der Talar länger fällt.
Und vor allem guck nicht hin, sonst merken es die Leute erst recht
und alle gucken auf deine Schuhe. - Die roten Schuhe haben mich
noch in Träumen verfolgt und wurden immer rötlicher.
Was schätzt Du an unserer Gemeinde und was wünschst
Du Dir für die Zukunft unserer Gemeinde?
Wir sind eine lebendige Gemeinde. Und sie ist stark sozial-diakonisch
engagiert. Ich kenne viele Menschen, die bereit sind mitzumachen.
Dieses Potenzial muss gehoben werden. Dafür braucht es Ehrenamtliche
und Hauptamtliche. Ich wünsche mir, dass die Pfarrstelle
neu besetzt werden kann und die Stelle in der Jugendleitung auch.
Ich möchte, dass sich die Menschen weiter mit unserer Gemeinde
identifizieren. Kirche ist immer konkrete Gemeinde und keine abstrakte
Größe. Das kann man in unserer Rheingemeinde erleben.
Was ist Dein Wunsch für die Kirche der Zukunft?
Ich wünsche ihr, dass es ihr gelingt, nahe bei Gott und nahe
bei den Menschen zu sein.
Inwieweit hilft Dir Dein Glaube in der aktuellen, herausfordernden
Lage bezüglich Politik und Gesellschaft?
Der christliche Glaube ist im Kern nach vorne gerichtet. "Wer
seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, ist nicht
geschickt für das Reich Gottes," sagt Jesus. Gott geht
mit uns und kommt uns aus der Zukunft entgegen. Es gibt einen
herausfordernden und heilsamen "Sog Richtung Zukunft".
Den brauchen wir in Kirche und Gesellschaft. Zudem dürfen
wir uns nicht anstecken lassen von Spaltungen, Überforderungen,
gegenseitigen Vorhaltungen und Ächtungen in unserer Gesellschaft.
Sie helfen niemandem. Wir brauchen Gott und wir brauchen einander.
Gott sind wir als wunderbare und fehlerhafte Menschen recht. Diese
Mitmenschlichkeit müssen wir leben und anmahnen.
Worauf freust Du Dich und welche Pläne hast Du für
Deine neu erworbene Freizeit?
Ich freue mich echt darauf, nach Hause zu kommen und nicht zuerst
schauen zu müssen, ob der dienstliche Anrufbeantworter blinkt.
Auf dem Programm ganz oben stehen mehrtägige Fahrradtouren
und Bahnfahrten durch Europa. Als ausgebildeter Supervisor/ Coach
und Körperorientierter Gestalttherapeut kann ich in diesen
Bereichen tätig sein und eben auch als Pfarrer i. R. - Aber
vor allem keinen Stress. Und ich habe mehr Zeit für meine
Enkelkinder. Da bin ich für nächste Woche schon gebucht.
Wo siehst Du die Kirche im Jahr 2050, hat Kirche eine Zukunft?
Wie in der Gesellschaft so stehen wir auch in der Kirche in einem
Transformationsprozess. Es geht um Veränderungen auf der
Basis des Bestehenden mit der Bereitschaft zu größeren
Neuorientierungen. Die Kirche wird mehr Beteiligungskirche sein,
offener zur Mitgestaltung, vielfältiger, "strubbliger"
und digitaler. Sie wird in einen stärkeren Kontrast zu bedenklichen
Entwicklungen in unserer Gesellschaft treten. Viele äußern
sich über die Zukunft der Kirche ohne zu wissen, was eigentlich
Kirche ist. Gottes Liebe in Jesus Christus lässt Menschen
zusammenkommen. Sie danken Gott und feiern seine Gegenwart in
ihrer Mitte. Seine Gemeinde/Kirche beruft er, seine Liebe in Wort
und Tat weiterzugeben. In welcher Form auch immer. In dem Lied
"Mit-bei-füreinander" habe ich das im Text zum
Ausdruck gebracht. Daniel Drückes hat eine coole Melodie
dazu geschrieben. (Text am Ende des Interviews)
Was würdest Du Deinem/r Nachfolger/in mit auf den Weg
geben?
Sei nicht so sehr Wissende/r. Entdecke lieber mit anderen zusammen,
was dran ist, statt für sie zu planen und Dinge anzubieten.
Du kannst sie sogar machen lassen, ohne dass Du dabei bist. Schau,
was entsteht. So kommst Du auch besser mit Deiner Zeit und Deinen
Kräften klar. Gottvertrauen und Humor sind immer gut.
Was wirst Du am allerwenigsten vermissen?
Es gibt immer viel Klein-Klein zu regeln. Das ist wichtig, nervt
aber auch und kostet Zeit.
Was ist Dein Resümee im Blick auf Deine Zeit als Pfarrer?
Ich war gerne Gemeindepfarrer. Es ist ein wunderbarer Beruf. Ich
konnte andere bereichern und wurde bereichert. Es geht immer um
die wesentlichen Fragen des Lebens. Es war in Vielem eine gesegnete
Zeit.
Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche Dir, auch
im Namen des Presbyteriums der Rheingemeinde, eine erfüllte
und glückliche Zeit, in der Du viele Deiner Pläne umsetzen
und leben kannst. Bleibe stets behütet!
Das Interview führte Heike Schönrock.